SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

14AUG2022
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Möge der neue Tag dir den Blick für die Schönheit der Welt schärfen! Mit diesem irischen Segensspruch grüße ich Sie. Sozusagen „Guten Morgen“ anders gesagt. Und mit mehr Inhalt. Es gibt eine Vielzahl von solchen irischen Segenssprüchen.

Aus ein paar von ihnen hat Markus Pytlik ein bekanntes neueres Kirchenlied gemacht: Möge die Straße uns zusammenführen.

Möge die Straße uns zusammenführen / und der Wind in deinem Rücken sein, / sanft falle Regen auf deine Felder / und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.

Der Liedtext greift in seiner ersten Strophe das wohl berühmteste irische Segens- und Reisegebet auf: „Möge die Straße sich erheben, um dir zu begegnen. Möge der Wind in deinem Rücken sein. Möge die Sonne warm auf dein Gesicht scheinen, der Regen sanft auf deine Felder fallen.“ Alle diese Sommerbilder werden im Refrain in einen Kontext gestellt: Einen Segen. Einen Wunsch zum Abschied.

Und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand, / und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand.

Der Refrain gibt die Richtung des Liedes vor. All die Bilder, die da aufgerufen werden, sie sollen zeigen: Gott ist bei dir, egal, wohin du gehst. Hier wird wortwörtlich gesegnet. Denn Segen meint eigentlich: Dem anderen etwas Gutes sagen. Und das ist etwas, was allen Menschen gut tut – ganz egal, welchen Glauben sie haben.

Gutes sagen, das ist ein eingängiger Gedanke. Wie auch der Song eingängig ist. Kein Wunder. Das Lied beruht auf einem ganz alten Harmonieschema. Johann Pachelbel, Wegbereiter des großartigen Johann Sebastian Bach, erfindet dieses Schema: In seinem „Kanon in D-Dur“.

Woher kommen eigentlich diese Segensprüche? Irland ist ein urchristliches Land. Schon im fünften Jahrhundert besiedeln Mönche diese Insel. Sie greifen die keltische Segenstradition auf und entwickeln sie weiter. Ihr Kennzeichen: Die Natur und der Alltag der Menschen werden symbolisch gedeutet. Da wird aus dem Rückenwind und der warmen Sommerbrise, aus leichtem Gepäck und einer warmen Decke ein Gebet. Irische Segenssprüche bieten statt hoher Theologie und gedrechselter Sprache einen ganz einfachen Zugang zum Glauben

Und das macht auch die Popularität des Songs von Markus Pytlik aus. Der dann auch im Pop-Bereich gelandet ist.

Bis wir uns mal wiedersehen, / hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt, / er halte dich in seinen Händen, / doch drücke seine Faust dich nie zu fest.

Die irischen Segenssprüche mag ich auch deshalb, weil sie so leicht daherkommen. Mit einem Augenzwinkern: Einer lautet: „Sei über vierzig Jahre im Himmel, bevor der Teufel merkt, dass du schon tot bist.“

Was ich stark finde: Der irische Segen weiß darum, wie wichtig die einfachen Dinge sind. Gerade die Dinge, die in schweren Zeiten fehlen. Wenn jemand Angst vor dem Aufbruch hat. Wenn man nicht weiß, wie es weitergehen soll. Da sagt der Segen einem Mut und Stärke zu:

Und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand, / und bis wir uns wiedersehen, / halte Gott dich fest in seiner Hand.

 

Möge die Straße

Text/Musik: Markus Pytlik

[BR] C1253890021
01-021 / 2'43
Die schönsten Lieder und Volksweisen
Pytlik, Markus / Die Münchner Chorbuben

[BR] C Z8000786104
01-004 / 3'36
Gloria
Traditional; Pytlik, Markus / Die Priester

[Industrie/ZSK]
01-005 /  4'02
Möge die Straße uns zusammenführen. Keltische Wünsche - zum Abschied
Pytlik, Markus; Pytlik, Markus / Bankwitz, Sigrun

01147 / Flieger Records
M0413920-006, 5'50
Kanon D-Dur (für Streichorchester)
Pachelbel, Johann
Württembergisches Kammerorchester Heilbronn

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35865
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