Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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26JUL2022
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Mit einer Freundin bin unterwegs zu einer ganz besonderen Fortbildung: Es geht um Honigmassage. Laut Programm lernen wir Massagetechniken kennen und probieren diese gegenseitig aus. Meine Freundin fragt mich: „Magst du es eigentlich berührt zu werden?“

Gute Frage! Seit der Pandemie ist jemanden anpacken bzw. selbst berührt werden ja so eine Sache. Das Händeschütteln fehlt mir zum Beispiel nicht. Ich brauche es nicht, um mein Gegenüber freundlich zu begrüßen.

Aber liebe Menschen zu umarmen und von ihnen umarmt zu werden war vor der Pandemie für mich schön und selbstverständlich. Inzwischen bin ich es nicht mehr so gewöhnt. Von daher bin ich tatsächlich sehr gespannt auf den Massageworkshop.

Nach einer kurzen theoretischen Einführung geht es schon ans Ausprobieren. Dazu bekommt jedes Team einen eigenen Raum, der liebevoll hergerichtet ist. Es soll ein ganzheitliches Erleben sein. Wir arbeiten uns von den Händen und Armen über die Füße und Beine, zu Rücken und Oberkörper vor. Die Bewegungen sind am Anfang etwas zögerlich, aber mit der Zeit immer sicherer. Und dabei stets im Blick: Was tut meinem Gegenüber gut?

Als ich selbst massiert werde, merke ich, wie ungewohnt solch intensive Berührungen für mich geworden sind. Aber ich merke auch, wie gut mir die Berührungen tun und genieße den Moment.

Dieses ganzheitliche Sorgen für meinen Körper – auch und gerade mit solch sinnlichen Erfahrungen – ist die letzten Jahre einfach zu kurz gekommen. Und auch als Theologin ist mir der Blick auf den Körper wichtig, denn viel zu lang hat die Kirche Leibfeindlichkeit gepredigt. Dabei bin ich von Gott eben mit Geist und Körper geschaffen.

Und so genieße ich die Zeit der Honigmassage ganz besonders und meiner Freundin geht es wohl ebenso, denn sie grinst mich irgendwann nur an und meint: „Ich habe völlig mein Zeitgefühl verloren.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35835
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