SWR2 Wort zum Tag

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20JUL2022
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Das klang schon immer seltsam – und heute wieder.  Es war ein großes Hindernis auch für die Frauen und Männer, die am 20. Juli 1944 versucht haben, Hitler zu töten und Deutschland und Europa von der Naziherrschaft zu befreien.  Gerade die Christinnen und Christen aus Militär und Politik mussten damals irgendwie mit dem umgehen, was der Apostel Paulus der Gemeinde in Rom geschrieben hat:

„Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalt unter.  Denn es gibt keine staatliche Gewalt außer von Gott… Denn sie steht im Dienst Gottes für dich zum Guten.“

Staatliche Gewalt – die Mächtigen von Gott eingesetzt. Dabei war es doch kein Kaiser von Gottes Gnaden mehr, der da die Welt in den Untergang jagte –  anderseits faselte der österreichische Gefreite Hitler immer davon, dass er im Dienst der Vorsehung unterwegs sei. Niemals!

Wie also sollten Christenmenschen sich verhalten –  einfach den biblischen Auftrag missachten, wäre schwierig gewesen. Von heute gesehen würde ich mir wünschen,  dass auch die offiziellen Kirchen sich deutlicher verhalten hätten. Es gab Widerspruch und Protest – wenn auch zu wenig; manche Mordpläne hatten die Nazis daraufhin vorerst gestoppt, hatten etwa aufgehört, alle Menschen mit Behinderungen zu töten.

Dabei hätten Kirchen und Christen im Römerbrief einfach weiter lesen können: „Alle anderen Gebote sind in dem einen Satz zusammengefasst:  Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. … Und das tut im Wissen um die gegenwärtige Zeit:  Die Stunde ist gekommen, aufzustehen vom Schlaf.“

Dass die Hitlerei die pure Bosheit und Lieblosigkeit war –  viele haben es auch damals schon gewusst oder wenigstens geahnt; dass auch die Christenheit noch viel mehr Liebe zu  und Achtung vor den Nächsten entwickeln musste und muss:  stimmt schon immer. Und dass staatliche Gewalt nur durch das Gute gerechtfertigt ist  oder meinetwegen auch Gott-gewollt: steht indirekt ja auch schon bei Paulus. Und deswegen kann ich auch mit Pfarrer Stephan Wahl in Jerusalem beten, der sich in seinem Ukraine-Psalm ein Ende aller Gewalt wünscht:

„Fahr den Kriegstreibern in die Parade, Ewiger. Allen!  Leg ihnen das Handwerk, lass sie straucheln und fallen.

Wecke den Mut und den Widerstand der Rückgrat-Starken, lass das Volk sich erheben und die Verbrecher entlarven.“

Text: www.t1p.de/39zsc

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35812
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