SWR3 Gedanken

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11JUL2022
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Blaue Wachsmalkreide auf rotem Sandstein. Ein Krickelkrakel im heiligen Altarraum. Ein Dreijähriger hat es dort hingemalt. Vor ein paar Monaten schon. Bei einem Taufgottesdienst.

So ein Gottesdienst mit: richtig Leben in der Bude! Viele Kinder sind im Altarraum rumgewuselt und ich habe ihnen die Geschichte erzählt wie Jesus Kinder gesegnet hat. Währenddessen durften die Kinder basteln und Ausmalbilder zur Geschichte anmalen. Und da ist es dann passiert: ich habe es noch aus dem Augenwinkel gesehen: das patschige Händchen des Dreijährigen und wie er mit Wonne nicht auf das Papier, sondern auf den Stein gemalt hat.

Ich geb´ es zu es war ein heilloses Chaos. Oder wie einer meiner Gemeindeglieder neulich sagte: In Ihren Taufgottesdiensten geht’s immer zu wie aufer Kirmis!

Ja, das stimmt irgendwie. Ich möchte eben nicht, dass die Kinder still und leise in der Kirchenbank sitzen müssen. Ich möchte die Kinder am Geschehen teilhaben lassen. Ihren Platz haben sie vorne: Im Mittelpunkt der Kirche. Dort wo sie von Jesus hören und das Heilige spüren können.

Der Messmer fand das natürlich gar nicht lustig, die Kritzelei auf dem Steinboden. Er hat nach dem Gottesdienst versucht die Wachsmalkreide zu beseitigen. Erfolglos. Ich bin ein bisschen froh darüber, denn ich mag dieses blaue Krickelkrakel. Ich will das da nicht weghaben. Ich glaube es gehört genau da hin.

Eine Kinderkritzelei bleibend in Stein gemeißelt. Wer sie sieht, erinnert sich an die Worte Jesu: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.

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