Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15JUL2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Gott ist schrecklich“.  Zu diesem Ergebnis kommt die Autorin Esther Maria Magnis. Gott ist schrecklich, weil er Menschen sterben lässt. Ihren Vater. Kurz danach wird auch noch ihr jüngerer Bruder schwer krebskrank. Sie kümmert sich um ihn, pflegt ihn. Und er stirbt. Das ist schrecklich, und weil sie an Gott glaubt, heißt das für sie auch, dass Gott schrecklich ist. Er ist eben nicht liebevoll und barmherzig, wie sie in ihrer Jugend gelernt hat. Zumindest ist er das nicht nur, und vermutlich nicht einmal mehr als alles andere. Esther Maria Magnis kann seitdem jedenfalls nicht mehr an einen Gott glauben, der sie tröstet und ihr Hoffnung schenkt. Sie muss das Bild von Gott in ihrem Kopf zusammenbringen mit dem, was ihr so weh tut, worunter sie leidet, was ihr die Sprache verschlägt und sie einfach nicht versteht. Und wenn sie das tut, dann erschrickt sie darüber, dass dieses Dunkle, das Negative auch zu Gott gehört. Dass man da durch muss, wenn man als Christ echt glauben will, weil der Schrecken zum Glauben gehört. Wörtlich schreibt sie dazu: „Der Glaube der Christen hat einen Schrecken. Unser Glaube macht BUH! Unser Glaube hat in sich das Wissen um den ganzen Dreck der Welt. Und erst dann kommt die Frohe Botschaft. Vorher gibt es keinen Grund, (…) Menschen, die echte Not haben, (…) mit einem weichen gemütlichen Gesäusel einzulullen. Gott brüllt. Gott schweigt. Gott scheint abwesend. Und Gott liebt in einer Radikalität, vor der man sich fürchten kann.“[1]

Leider wird der Glaube an Jesus und seinen Gott oft als Trostpflaster benützt, wenn man keinen anderen Ausweg aus der Krise weiß. Aber da ist das Kreuz. Jesus ist gestorben. Sein irdisches Ende war schrecklich.  Das macht mehr als deutlich, dass man in die Krise hinein muss, um zu glauben. Darin besteht die große Herausforderung für Christen: Wir verstehen Gott nicht. Wir sind zu klein für ihn. Zu glauben heißt dann: Da dran bleiben, Gott das zu sagen. Womöglich stärkt das unseren Glauben am Ende viel mehr als wir denken.

Esther Maria Magnis hat zu einem neuen, tieferen Glauben gefunden. Sie hat den Tod ihres Bruders Johannes ausgehalten. Sie hat Gott deswegen verklagt. Und trotzdem an ihm festgehalten.

 

-------------

[1] Magnis, Esther Maria: Gott braucht dich nicht. Eine Bekehrung. Reinbek 2012, 223ff.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35751
weiterlesen...