SWR2 Wort zum Tag

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02JUL2022
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Endlich Wochenende - der Ruhetag steht vor der Tür. Aber wofür ist er eigentlich da? Zum Ausschlafen und einem späten Frühstück mit Freunden? Für all die Aktivitäten, zu denen man unter der Woche nicht kommt?

In der Bibel gibt es ein Gebot, das sich um das rechte Begehen des Ruhetags kümmert. Das beginnt wörtlich so: „Gedenke des Sabbattages“. Das heißt zuerst einmal: „Pass auf, dass Du ihn nicht verpasst!“ Und wie schnell kann das passieren! Das kenne ich von mir und meiner Familie von Kindesbeinen an. Immer gab es noch etwas für den Beruf zu tun.
„Nachschaffen“, sagt man dazu im Schwäbischen – und kommt damit nie zu einem Ende und nie zur Ruhe. Deswegen habe ich den Ruhetag lange Zeit verpasst. Dabei ist dieses Gebot ein Geschenk Gottes. Gott ruhte am 7. Tag seiner Schöpfung. Und Menschen dürfen es ihm gleich tun. Weil wir Menschen Ebenbilder Gottes sind und keine Arbeitstiere.

A propos Arbeitstiere: Auch die sollen übrigens nach biblischem Gebot den Ruhetag genießen dürfen – ganz ohne Arbeit. Und freilich alle Menschen – ganz gleich welcher Stellung, Herkunft oder Religion. So steht es im Bibelgebot.
Was ist nun im biblischen Sinn am Ruhetag angesagt?
Reine Rekreation? Nur Ausruhen von den Mühen des Werktages und wieder fit werden für die nächste Arbeitswoche?

Ich glaube, es geht um mehr. Wenn ich ältere Menschen frage, wie es ihnen geht, bekomme ich manchmal eine einsilbige Antwort: „Muss!“ Quasi als Summe für alles, was sie tun und lassen. Das klingt freudlos. Genau das Gegenteil ist der Ruhetag! Er fordert dazu auf: Lass Zwänge hinter dir! Also gerade kein „MUSS!“ Stattdessen: Spüre heute, dass Du ein freier Mensch bist. Ein Grund zur Freude und zum Feiern ist das.

Und am Montag? Geht dann alles wieder von vorne los? Bin ich dann bis Freitag nur noch ein Arbeitstier im Reich des Schuftens und der Notwendigkeit?

Es gibt einen schönen jüdischen Brauch, der eben das verhindern will:
Am Shabbat, am Ende des jüdischen Ruhetages, wird ein wohlriechendes Gewürz angezündet. Damit das Aroma der Freiheit und der Ruhe das Haus weiterhin erfüllt. Arbeitstage sollen immer auch ein wenig nach dem Ruhetag schmecken. Shabbat und Sonntag sollen nämlich nicht isolierte Auszeiten sein, die mit dem Rest der Woche nichts zu tun haben. Der Ruhetag soll auf den Alltag ausstrahlen.

Der Schweizer Theologe Karl Barth hat es einmal sinngemäß so formuliert: Der Sonntag soll nicht die Ausnahme, sondern eine Orientierung für den Alltag sein.[1] Darum will ich erst einmal meine Betriebsamkeit am Sonntag einstellen. Sonst stehe ich ja meiner eigenen Freiheit im Weg – auch an den Wochentagen, die kommen.      

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[1]  Karl Barth, Kirchliche Dogmatik – Der Feiertag - § 53,1.4

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35700
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