Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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02JUL2022
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Es gibt doch diesen Moment, wenn etwas total Normales plötzlich ganz besonders wird. Mir ist passiert das zum Beispiel mit Brot.

Normalerweise ist Brot für mich etwas Normales, dass ich immer vorrätig habe. Ob tiefgefroren oder frisch gebacken. Ich esse es zum Frühstück oder am Abend. Und hin und wieder backe ich Brot selbst. Es kommt aber vor, da wird Brot irgendwie nochmal besonders. 

Ich weiß noch, als ich einmal mit der Jugendgruppe den ganzen Tag im Hallenbad unterwegs gewesen bin.  Wir sind fast die ganze Zeit im Wasser gewesen, haben jede Menge Spaß gehabt und kaum gemerkt, wie hungrig wir geworden sind.

Zum Glück ist eine Leiterin auf unserer Hinfahrt ins Schwimmbad noch schnell in Brötchen holen gegangen. Und als wir dann die Brötchen bekommen haben, waren sie leider nicht mehr ganz frisch und völlig aufgeweicht von der Feuchtigkeit im Hallenbad. Trotzdem haben wir sie untereinander verteilt und gierig verschlungen. Die Konsistenz war uns egal, sie haben lecker geschmeckt.

Beim Frühstück könnte ich kein aufgeweichtes Brötchen essen. Aber das gleiche Gefühl wir damals stellt sich für mich nicht ein, wenn es die gleichen Zutaten sind. An diese Situation muss ich immer wieder denken, wenn ich Brötchen sehe und frage mich, warum die Brötchen damals so besonders geschmeckt haben? Inzwischen glaube ich, weil wir sie geteilt haben. Wir waren miteinander unterwegs und haben darauf geachtet, dass jeder was in den Magen bekommt. Und plötzlich wird aus so ein paar Brötchen mehr, es wird gemeinsames „Brot brechen“ und es entsteht eine besondere Gemeinschaft. Eine, bei der es darum geht, dass alle gut versorgt sind.

Und ich kann nicht genau sagen wieso, aber es fühlt sich für mich an, wie ein Segen.
Es ist ja auch ein Segen, dass genügend Brötchen da gewesen sind, dass wir alle satt geworden sind. Ein wunderbares Erlebnis, das uns alle miteinander verbunden hat.
Etwas, dass auch an das letzte Abendmahl erinnert, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat.

In meiner Familie haben wir deshalb einen Brauch. Wenn wir frisches Brot im Haus haben, dann segnen wir es, bevor wir es anschneiden. Das passiert ganz einfach, indem wir es auf die runde Seite drehen und auf der flachen Seite mit dem Messer ein kleines Kreuz einritzen. Eine horizontale Linie dafür, dass Gott auf uns achten möchte, dass wir immer genügend zu essen haben. Und eine vertikale Linie darüber, damit wir auch an unsere Mitmenschen denken und Essen miteinander teilen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35697
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