Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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01JUL2022
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„Es ist dem Menschen beigegeben ein kleines Stück von einem großen Leben.“ So beginnt das Gedicht „Choral“ von Hanns Dieter Hüsch. Ich mag dieses Gedicht. Sagt es doch: In jedem Menschen steckt etwas Besonderes, etwas, das größer ist als er selbst.

Für mich als Theologe ist dieses „kleine Stück von einem großen Leben“ der Hauch Gottes, der in jedem von uns steckt. Die Bibel erzählt davon in der Geschichte von der Schöpfung des Menschen. Es heißt dort: „Gott der Herr nahm Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase.“ (Gen 2,7) Was sie damit sagen will: Der Mensch ist Staub von der Erde, sprich vergänglich, aber in ihm wohnt auch der Atem Gottes, ein Hauch von Göttlichkeit, etwas Gutes, zu dem der Mensch prinzipiell fähig ist.

Ich gebe zu, bei manchem Zeitgenossen fällt es mir schwer, diesen Hauch Gottes zu entdecken. Viele können den Funken Göttlichkeit - das Gute, das in ihnen steckt - recht gut verstecken. Und doch möchte ich auch bei dem schwierigsten Mitmenschen an dem Glauben festhalten, dass er von Gott angehaucht ist. Dieser Hauch verbindet uns Menschen untereinander, er wohnt in jedem, macht uns von Gott her gesehen zu gleichberechtigten Geschwistern.

Wie die Bibel weiß auch Hüsch, dass wir Menschen immer beides sind: Auf der einen Seite von Gott angehaucht und auf der anderen Seite aber auch Staub, dem Irdischen verhaftet, vergänglich und unvollkommen. Und auch das verbindet uns.  Hüsch sagt es so: „Ob Bettler oder hohes Tier von einer Handvoll Erde sind wir alle hier. Wollt darum freundlich sein und Euch mit Heiterkeit versehn, Es hat der Mensch zu kommen und zu gehen. Dieses ist ausgemacht von Anfang an. Mit Hochmut ist nicht viel getan.“

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