SWR1 3vor8

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16JUN2022
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Ein Stück Brot und etwas Fisch dazu. Zum Sattwerden reicht das. Aber ein echtes Festmahl stellen sich die meisten wohl doch anders vor. Eine bekannte Geschichte aus der Bibel, die heute, am Fest Fronleichnam, in den katholischen Gottesdiensten verlesen wird, erzählt von so einem Mahl. Und doch führt sie erstmal in die Irre. Da wird nämlich berichtet, wie eine große Menschenmenge Jesus folgt. Alle wollen hören, was er zu sagen hat. Doch der Abend rückt näher und die Leute haben Hunger. Wegschicken soll Jesus sie, schlagen seine Begleiter ihm vor. Damit die Leute sich Essen und einen Schlafplatz besorgen können. Jesus will das aber nicht. „Gebt ihr ihnen zu essen“, sagt er ihnen. Seine Begleiter sind irritiert, denn selbst haben sie nur ein paar Brote und Fische dabei. Was dann folgt, wird als Wundergeschichte erzählt. Jesus segnet die paar Brote und Fische und lässt sie an die Leute verteilen. Doch am Ende werden davon nicht nur ein paar tausend Menschen satt. Es bleibt auch noch reichlich übrig. Klingt ziemlich merkwürdig.

Wer jetzt aber nur auf das vermeintliche Wunder schaut und sich fragt, wie sowas möglich sein soll, übersieht Entscheidendes. Weil das eigentliche Wunder vielleicht gar nicht die vermeintliche Essensvermehrung ist, sondern die Gemeinschaft der Menschen beim Essen. Keine anonyme Massenabfertigung wird da erzählt. Jesus macht sich vielmehr selbst zum Gastgeber, spricht das jüdische Segensgebet über die einfachen Speisen, die da sind und teilt sie mit allen. Nicht was da gereicht wird ist also entscheidend, sondern wie.

Miteinander zu essen und zu trinken, das sei die zweitengste Gemeinschaft, die wir Menschen miteinander haben können, hat einer meiner theologischen Lehrer vor Jahrzehnten mal gesagt. Der Satz klingt bis heute in mir nach. Weil ich finde, dass er stimmt. Und weil ich das schon oft so erlebt habe. Um mich mit anderen tief verbunden zu fühlen brauche ich keine opulente Festtafel. Ein Abend mit lieben Menschen, etwas frischem Brot, Oliven, Käse und einer Flasche Wein auf dem Tisch kann so intensiv und unvergesslich sein. Und als Christ glaube ich auch daran, dass da, wo Menschen sich intensiv begegnen, auch Gott dabei ist. Dass also Jesus bewusst ein Mahl mit Brot und Wein gewählt hat, mit dem Menschen sich noch heute an ihn erinnern, das überrascht mich überhaupt nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35602
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