SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

09JUN2022
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Ich bin auf der Suche nach einem Zuhause. Nein, nicht für meine Familie und mich. Wir sind ganz glücklich in unserer Wohnung in Stuttgart. Ich suche ein Zuhause für meinen Glauben. Denn irgendwie sind wir seit einiger Zeit ziemlich wohnungslos unterwegs. Ich habe nämlich keinen festen Ort, an dem ich meinen Glauben teilen und gemeinsam beten kann. Keine Kirche, keinen Gottesdienst. Dabei hätte ich das gerne, diesen einen Ort für meinen Glauben. Aber mein Glaube ist wohnungslos, ohne Zuhause.

Ich weiß, das klingt seltsam. Eine bessere Umschreibung fällt mir dafür nicht wirklich ein. Aber das will ich mir und meinem Glauben nicht länger antun, so auf Dauer. Deshalb sind wir auf der Suche nach einer Bleibe.

Ich fühle mich nämlich nicht zu Hause in den Gottesdiensten, die ich in den letzten Jahren erlebt habe. Sonntagsgottesdienst, Taizegebet, stille Anbetung, Meditation...in Stuttgart gibt es wirklich viele Angebote. Aber nirgends habe ich mich so richtig wohl – und eben zu Hause – gefühlt. Und doch wünsche ich mir ein gemeinschaftliches Zuhause, an dem ich beten kann und mein Kontakt zu Gott gut aufgehoben ist. Wo ich Gemeinschaft im Glauben spüre.

Vielleicht bin ich ja auch zu eigensinnig und lasse mich zu wenig auf die Angebote hier in meiner Stadt ein. Aber so richtig erzwingen kann ich das halt nicht.

Ich glaube, ich bin mit diesem Gefühl und mit dieser Suche nicht allein. So geht es vielen Menschen in meinem Alter: Dass sie keinen Ort finden, wo sie Glauben leben und teilen können.

Wenn ich in meinem Alltag die Augen offen halte, dann kann ich oft Gott entdecken: In einem schönen Gespräch mit einer Freundin; wenn ich sehe, wie liebevoll eine Schülerin aus meiner Klasse den neuen Klassenkameraden aus der Ukraine aufnimmt; oder wenn ich einen Spaziergang durch den Stadtwald mache. Aber trotzdem kann ich nicht so recht einen Ort, eine Gemeinschaft finden.

Ich bleibe auf der Suche. Ich möchte meine Augen offen halten. Spüre meiner Sehnsucht nach einer Bleibe für meinen Glauben und mich nach. Und bin dankbar, dass ich – auch wenn mein Glaube wohnungslos ist –  nicht heimatlos bin. Denn in meinem Herzen und in meinem Gebet, da treffe ich weiterhin Gott und lebe meinen Glauben. Auch ohne Dach überm Kopf.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35576
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