SWR2 Wort zum Tag

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08JUN2022
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„Jeder hat sein Päckchen zu tragen“ – das ist so eine Redensart. Aber ich finde, diese Redensart wird dem, was manche Menschen an Last zu tragen haben, kaum gerecht. Schicksalsschläge wie schwere Krankheiten, Verlust von nahen Menschen, Arbeitslosigkeit –  sind eben nicht nur ein „Päckchen“, sondern eine schwere Lebenslast, und sie können den, der sie tragen muss, auch überfordern.

Besser gefällt mir daher die Lebensregel, die der Apostel Paulus seinen Gemeinden ans Herz gelegt hat: „Einer trage des anderen Last.“(Gal 6,2)

Christen sollen sich gegenseitig unterstützen und einander helfen, ihre Lebenslast zu tragen. Manchmal frage ich mich: Geht das überhaupt? Eine Krankheit kann mir doch niemand abnehmen und der Verlust des Partners bleibt. Aber gerade in schweren Zeiten spüre ich auch, wie wertvoll und wichtig es ist, wenn andere Anteil nehmen, zuhören und mich aufrichten, und mit dem helfen, was ihnen möglich ist. Es ist ein großer Unterschied, ob ich mich in einer schwierigen Situation allein fühle oder andere an meiner Seite weiß.

Dazu gehört allerdings, die eigene Not nicht zu verstecken und um Hilfe zu bitten. Und das fällt nicht leicht, wenn ich mein Leben möglichst aus eigener Kraft meistern will. Paulus erinnert daran, dass niemand alles alleine tragen kann. Und zugleich hat jeder etwas, das gerade er oder sie beitragen kann. So können sich Menschen gegenseitig aufrichten und manchmal über sich selbst herauswachsen.

Zusammenleben ist nicht immer leicht, und manchmal werden wir auch einander zu Last, vor allem dann, wenn wir wenig kompromissbereit sind und davon ausgehen, dass immer der andere sich anpassen muss. Oder wenn wir mit uns selbst nicht im Reinen sind. Einer trage des andern Last ist dann ganz schön herausfordernd. Aber es liegt auch die Chance darin, aneinander und miteinander zu wachsen.

Paulus hatte die Vision, dass Christen so miteinander leben – als Familie und Freunde, als Gemeinschaften und Gemeinden, als Kirche. Das ist für mich auch heute noch aktuell.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35561
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