SWR2 Wort zum Tag

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30MAI2022
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„Letzte Generation“ nennt sich eine Gruppe von Klimaaktivisten, die derzeit große Aufmerksamkeit auf sich zieht. Durch spektakuläre Aktionen. Sie protestieren gegen die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas. Sie blockieren vielbefahrene Straßen in großen Städten. Sie kleben ihre Hände mit Sekundenkleber auf Fahrbahnen fest.

Ich unterstütze den Protest gegen das Verbrennen von fossilen Energieträgern und ihr Engagement gegen Artensterben. Aber mich stört ihre Bezeichnung - „Letzte Generation“. Und das damit verbundene Pathos.

„Letzte Generation“, wenn ich das höre, da zucke ich zusammen. Das klingt wie ein Abgesang auf das Leben: „Wir sind die Letzten. Und ihr Anderen wisst es bloß noch nicht.“ Da schwingt so gar keine Hoffnung für die Zukunft mit.
„No future!“ Unter dieser Parole ist vor vielen Jahren schon einmal eine Protestgeneration angetreten – mit schwarzen Klamotten und kahl geschorenen Haaren. Ich habe damals in Berlin studiert. Der Theologieprofessor Friedrich-Wilhelm Marquardt hat uns damals gefragt: „Was für eine Humanität meldet sich da eigentlich unter euch?“ Diese Frage hat sich mir tief eingeprägt. Sie ist heute meine Anfrage an die „Letzte Generation“: Steckt in diesr Bezeichnung nicht eine gehörige Portion Nihilismus? Ist das nicht im Grunde auch eine riesige Selbstüberschätzung? 
So, als wären wir Menschen die Lebewesen, die über das Ende der Zeiten und des Lebens auf Erden bestimmen könnten.

Ich weiß wohl: Menschen können Böses tun, sich und andere Kreaturen quälen, die Natur zerstören. Das Entsetzen und die Wut darüber, kann ich sehr gut nachempfinden.

Aber – und das ist meine tiefe Überzeugung: Ich glaube, dass wir Menschen nicht das erste und eben auch nicht das letzte Wort über dieses Schöpfung haben. Dafür steht für mich die große Zusage Gottes: „Es gibt auf dieser Erde eine Zukunft für Kinder und Kindeskinder – von Generation zu Generation.“  So steht es immer wieder in der Bibel. Und das ist die Erfahrung vieler, die in ihrem Leben schon durch Wüsten und Täler der Tränen gezogen sind – und keinen Ausweg mehr gesehen haben.

Ich glaube: Unser Leben und die Zukunft dieser Welt liegen in Gottes Hand, der diese Welt erschaffen hat und auch erhält.
Dieses Vertrauen gibt mir Kraft, mich genau für die Ziele einzusetzen, um die es offenbar auch der „Letzten Generation“ geht.
Allerdings ohne mich von Weltuntergangsphantasien leiten zu lassen – sondern mit der tiefen Überzeugung nicht zu den letzten Menschen zu gehören.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35503
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