Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

29MAI2022
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Heute geht in Stuttgart der 102. Deutsche Katholikentag zu Ende. Sein Motto war und ist „leben Teilen“. Zwei Worte: Leben und Teilen.
Leben Teilen - das Motto passt zur Diözese Rottenburg-Stuttgart, sie ist die Gastgeberin für diesen Katholikentag. Denn ihr Schutzpatron ist der heilige Martin. Für eine Szene ist er berühmt: Er teilt seinen Mantel mit einem Bettler. Aus einem ganzen Mantel werden zwei Mantelhälften und keiner der beiden muss erfrieren.

Das Symbol des Mantels hat im Vorfeld des Katholikentags eine wichtige Rolle gespielt. Es gab eine Aktion, die ich klasse finde. Dabei ist kein Mantel geteilt worden, sondern ein riesengroßer Martinusmantel wurde geschaffen. Und riesengroß meint konkret: über 240 Quadratmeter groß. Tausende von roten Stoffstücken wurden dazu im Vorfeld im ganzen Land verteilt, die dann vor Ort individuell gestaltet wurden. Da wurde gestickt, beklebt, bemalt. Unterschiedlichste Gruppen, junge und alte Menschen haben sich beteiligt und ihre Facette zu dem beigesteuert was Leben Teilen für sie bedeutet. Daraus entstanden ist ein echtes Gemeinschaftswerk.

Wo viele bereit sind, etwas von sich abzugeben oder zu zeigen, was ihnen wichtig ist, was ihnen Leben bedeutet und das dann zusammenfügen, da wird echtes Miteinander erfahrbar. Da wird geteiltes Leben sichtbar.

Sehr schön hat das die Theologin Annette Gawaz in einem Text zusammengefasst:

Das Leben teilen, das gelebte,
die Freude und den Kummer auch,
genau das ist es, was uns reich macht:
wenn wir einander Anteil geben
am Stoff aus dem mein Leben ist.
Mal ist er warm, mal eher dürftig,
mal ist´s das Kleid des Fests, mal ein Trauerkleid.
Doch alles lässt sich teilen, lässt sich schenken
Und ist nicht das Gewand von jedem Leben,
von mir, von dir, von jeder Frau und jedem Mann –
ein Stück des großen Menschheitskleides?*

Ein Stück vom großen Menschheitskleid – das symbolisiert für mich dieser große Martinusmantel. Viele Menschen haben ein Stück aus ihrem Leben und von ihrer Zeit beigesteuert. Sie haben, im übertragenen Sinn, in den Mantel ihre Lebensfäden eingewoben und sich über ihr begrenztes Stoffstück hinaus mit anderen verbunden und dadurch gezeigt: Leben teilen heißt miteinander verbunden sein.

*aus: leben teilen, Gebets-und Impulsheft zur Vorbereitung auf den Katholikentag, S. 77

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35482
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