SWR2 Wort zum Tag

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25MAI2022
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Margret hatte Covid19 eigentlich überstanden - Fieber und Schüttelfrost weg, kein Husten mehr und endlich negative Tests… Alles gut – schien es. Blieb nur ein manchmal leichter, gelegentlich heftiger Schwindel – Radfahren ging aber schon wieder. Eines Tages fährt sie hinter mir und ruft: „Ich seh dich doppelt.“ „Bin aber nur einmal hier unterwegs,“ habe ich noch gescherzt. War eigentlich nicht lustig – aber Margrets LongCovid kommt in den Griff…

Kurze Hintergrund-Info, sehr laienhaft: Normalerweise liefern rechtes und linkes Auge ihr jeweiliges Bild ans Gehirn – selbst mit ihrem kleinen Abstand sehen sie die Wirklichkeit ja ein wenig verschieden. Und im Gehirn – großartige Leistung – werden die beiden Bilder zusammengerechnet. So sieht der Mensch normalerweise nur ein Bild; und weil das Hirn noch ein bisschen mehr rechnet, sieht der gesunde Blick räumlich, erkennt Entfernungen kann Bewegungen wahrnehmen und Geschwindigkeiten abschätzen… Manche Krankheiten – und offenbar auch Corona – hacken das menschliche Gehirn irgendwie – und so gibt’s schon mal Doppelbilder. Ende Info-Kasten…

Die wirkliche Wirklichkeit wahrnehmen, Raum und Bewegung und Nähe und Ferne: dazu brauchen die Menschen also mehrere Perspektiven – wer auf dem rechten oder linken Auge blind ist, auch im übertragenen Sinne, sieht nur die eine Seite; besser gesagt vielleicht: sieht die ganze Welt irgendwie flach und eindimensional. Kann Bewegung und Geschwindigkeiten nur schwer erkennen. Ja, ich weiß, da lässt sich was lernen, physikalisch-optisch-medizinisch. Aber schon im Straßenverkehr oder in der Küche ist es immer besser, beide Blickwinkel zu haben und zusammenzusetzen. Vor allem im gesellschaftlichen oder kirchlichen Leben ist es hilfreich, mehr als nur eine Perspektive zu haben und gelegentlich sogar mal die Perspektive zu wechseln.

In meiner katholischen Kirche kann das heißen, endlich Frauen mit Leitungs-Ämtern zu beauftragen; oft genug bringen die neue Perspektiven ein. Aber – andere Perspektive eben auch auf die zu hören, denen schon jetzt alles viel zu modern aussieht.…

Im Alltag schafft ein gesundes Gehirn so was zigtausendmal am Tag – sollten die Menschen und die Menschheit insgesamt daran scheitern, Bilder und Perspektiven zusammenzuführen und dreidimensional zu sehen? Aus Gottes Perspektive werden sich für die Welt und für die Menschen ja sowieso noch mal ganz neue Dimensionen eröffnen; mehr als drei jedenfalls. Hofft und erwartet spätestens irgendwann für den Himmel.

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