SWR2 Wort zum Tag

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23MAI2022
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Übermorgen beginnt in Stuttgart der 102. Katholikentag. „Leben teilen“ heißt dieses Mal das Motto und man kann sich vorstellen, welche Themen sich dabei in den Vordergrund drängen. Eines wird lauten: Wie organisieren wir das Zusammenleben in der Gesellschaft nachdem die Corona-Pandemie uns schonungslos vor Augen geführt hat, wo unsere sozialen „Sollbruchstellen“ liegen? Ganz sicher wird es in vielen Diskussionen darum gehen, wie wir auf den Krieg in der Ukraine reagieren. Ist es geboten, aus Solidarität Waffen in die Ukraine zu liefern und zwar auch im Geiste der christlichen Botschaft, die uns an die Seite derer ruft, die bedrängt sind? Oder ruft uns diese Botschaft dazu auf, unbedingt auf Gewalt zu verzichten und nur die Macht des Wortes zu nutzen und zu verhandeln? Hier sind wir als Christinnen und Christen in einer elementaren Situation, die eine Entscheidung fordert. Es geht um die biblische Tugend, die Geister zu unterscheiden. Einfache Antworten verbieten sich. Dass wir Abstriche machen müssen, um mit unseren Energiezahlungen nicht weiter eine kriegerische Aggression zu alimentieren, scheint mir persönlich kaum strittig. Das kann sich wirtschaftlich sehr schmerzhaft auswirken und uns sehr wohl zum von Altbundespräsident Gauck bemühten „frieren für die Freiheit“ führen. Ich denke, dass aus ihm auch der Theologe spricht, wenn er sagt: „Wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben. Eine generelle Delle in unserem Wohlstandsleben ist etwas, was Menschen ertragen können.“

Mir würden noch viele gesellschaftliche Themen einfallen, die beim Katholikentag in Stuttgart auf’s Tablett kommen werden und die ich erwähnenswert finde. Ist ein Katholikentag aber heute überhaupt noch relevant für unsere Gesellschaft und interessiert noch jemand, was dort besprochen wird? Dass so viele Spitzenpolitiker dort hinkommen und mitdiskutieren ist ja schon mal ein deutliches Zeichen – der Bundeskanzler kommt auch….

Ich meine aber, dass es etwas Anderes sein muss, was die kirchliche Stimme bei gesellschaftlichen Themen bedeutend macht: Dass wir als Christinnen und Christen von einem unabhängigen Fundament aus argumentieren. Wer sich an der heiligen Schrift orientiert, der wird sich weniger von einzelnen Interessen leiten lassen und schon gar nicht nur von wirtschaftlichen.

Wenn sich die Kirche und wenn sich gläubige Menschen an diesen christlichen Werten orientieren statt am eigenen Vorteil, können sie „Salz der Erde“ sein, so, wie es Jesus in der Bergpredigt sagt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35466
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