SWR1 3vor8

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22MAI2022
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In der Liste der Anliegen, für die gerade besonders innig gebetet wird, steht der Frieden wahrscheinlich ganz weit oben. Wer wünscht sich das nicht. Dass das sinnlose Töten und Zerstören ein Ende findet. Dass Unsicherheit und Angst verschwinden und ein weitgehend unbeschwertes Leben wieder möglich ist. Zu allererst natürlich für die Menschen, die direkt betroffen sind, in der Ukraine, im Jemen und anderswo. Aber auch für uns. Und vielleicht wird gerade deswegen der eine oder die andere aufhorchen bei einem Satz, der im Bibeltext der katholischen Gottesdienste heute zu hören ist: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, heißt es da. (Joh 14,27)

Jesus sagt das. Ein Versprechen an seine Anhänger, und zugleich ein ziemlich großes Wort. Denn nüchtern betrachtet scheint es mit dem Frieden in den letzten 2000 Jahren ja nicht allzu weit her gewesen zu sein. Und so haben Theologinnen und Theologen immer wieder darauf hingewiesen, dass es bei diesem Satz Jesu auch nicht vorranging um das Thema Krieg und Gewalt geht. Sondern dass mit dem Wörtchen Frieden hier viel mehr gemeint ist. Ein ganz tiefes, umfassendes Glück an Leib und Seele. Ein inniges Verbunden-Sein mit Gott und seiner ganzen Schöpfung. Ein tiefer, innerer Frieden also. Ein Zustand, wie er mit dem hebräischen Wort shalom oder dem arabischen salam gemeint ist. Es sind Worte, die sich mit dem deutschen Wort Frieden gar nicht ganz erfassen lassen.

Dennoch glaube ich, dass das eine letztlich nicht ohne das andere zu haben ist. Dass ein tiefes inneres Glück im Sinne des biblischen shalom nicht gelingen kann, wenn Menschen jeden Tag um ihr Leben bangen müssen. Wenn Schmerz, ohnmächtige Wut und Traurigkeit das Leben bestimmen. Die Bibel meint zwar, dass dieser tiefe innere Frieden, von dem Jesus spricht, ein Frieden ist, den die Welt nicht geben kann. Dass er ein Geschenk Gottes sei, das man weder kaufen noch selbst machen kann. Aber vielleicht kann ich Gott ja den Weg dafür bereiten. Indem ich mich schon hier und jetzt, in meinem kleinen Lebensumfeld, um Frieden bemühe, um Ausgleich im Streit, um Gerechtigkeit für jeden. Kurz gesagt: Um eine Vorahnung des großen, himmlischen shalom auf das auch ich hoffe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35435
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