SWR3 Gedanken

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17MAI2022
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Vor sechs Jahren war ich in Odessa. Eine Begegnungsreise mit Menschen aus der Ukraine. Wir haben Jewtekija besucht, eine ehemalige Zwangsarbeiterin, die sich so rührend über uns gefreut hat. In einer Schule hat man uns mit Brot und Tänzen begrüßt. Und in einem Krankenhaus durften wir sehen, wie medizinische Geräte von uns dort Menschen helfen. Es waren eindrückliche Tage, die bis heute nachwirken.

Besonders bei den Bildern, die derzeit zu sehen sind. Auch vor Odessa hat der Krieg nicht Halt gemacht. Immer wieder erreichen uns Nachrichten von denen, die wir kennen. Und von Mal zu Mal werden sie besorgter, verängstigter, mutloser. Wir fragen, was wir tun können. Und oft lautet die Antwort, dass wir beten sollen. Für Frieden, für die Menschen in der Ukraine, für die Menschen auf der Flucht.

Beten soll helfen? Was soll es helfen, wenn ich hier bete für Lidia oder Andrej in Odessa? Was soll beten all denen helfen, die sich in Bunkern und Kellern verkriechen, sich nicht aus dem Haus trauen und bei jedem Geräusch zusammenzucken? Nichts, sollte man meinen. Und doch bauen die, um die es geht, auf unser Gebet. Glauben daran, dass es hilft.

Weil es ihnen Mut macht, wenn andere an sie denken. Wenn es uns nicht gleichgültig ist, was aus ihnen wird. Natürlich schicken wir Hilfstransporte auf den Weg. Aber eben auch die Kraft unserer guten Gedanken. Und die sollte man nicht unterschätzen. Auch mir macht es Mut, wenn andere an mich denken. Und wenn sie ihre Gedanken an mich vor Gott bringen. Und deswegen bete ich heute für Lidia und Andrej und all die, die jede Kraft brauchen können, die sie kriegen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35412
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