SWR1 3vor8

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08MAI2022
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Greta und Jule sitzen in der Schule nebeneinander. Sie sind beste Freundinnen. Außer wenn ich ihnen eine Klassenarbeit zurückgebe. Dann lautet die erste Frage: Was hast du? Neidisch schaut die eine auf die andere, die eine bessere Note hat. Und schon ist er da, der Keim der Eifersucht, der Menschen so oft das Leben miteinander schwer macht. Bei meinen Schülerinnen dauert das meistens nicht lange, bis sie sich wieder entspannen. Aber Eifersucht kann zu einem Riesenproblem werden, wenn das Misstrauen immer größer wird. Das kommt dann dem wohl ziemlich nahe, was ursprünglich im Wort „Eifer-Sucht“ enthalten ist. Dass es regelrecht zu einer Sucht wird, misstrauisch zu sein, anderen Böses zu unterstellen; eben ständig in der Angst zu leben, selbst zu kurz zu kommen, weil andere auch etwas haben. Im schlimmsten Fall verrennt man sich so, dass man nicht mehr klar denken und sich frei entscheiden kann.

Heute wird in den katholischen Gottesdiensten ein Abschnitt aus der Apostelgeschichte gelesen. Und dort geht es auch um Eifersucht. Die junge Christengemeinde hat Zulauf, und das ärgert die Juden. Sie haben Angst, immer noch mehr ihrer Anhänger zu verlieren, also schlechter abzuschneiden im Vergleich mit der neuen Art und Weise, an Gott zu glauben. Wörtlich steht da in der Bibel: Am folgenden Sabbat versammelte sich fast die ganze Stadt, um das Wort des Herrn zu hören. Als die Juden die Scharen sahen, wurden sie eifersüchtig [1]. Von Toleranz keine Spur. Friedlich nebeneinander leben, jedem seinen Weg zugestehen - Fehlanzeige! Wenn die Eifersucht erst einmal begonnen hat, an einem zu nagen, das schränkt die Freiheit gewaltig ein. Aber: Warum sollten denn Menschen nicht auf unterschiedliche Weise an Gott glauben? Da ist Platz für alle. Juden und Christen und für andere auch noch. Ich darf ohne weiteres von meiner Einstellung überzeugt sein, muss es nur dem anderen in gleicher Weise zugestehen. Wer das nicht kann, steht im Verdacht, mehr an seiner eigenen Macht interessiert zu sein als an Gott.

Die junge Kirche hat nach einem Weg gesucht, wie sie aus dieser Nummer herauskommt, ständig mit dem Judentum in Konkurrenz zu stehen. Und hat sich für alle geöffnet. Wer sich ihnen anschließen will, kann das; egal, woher er kommt. Sie vergessen nicht, dass sie Juden waren, bleiben ihrer Wurzel treu. Aber eben nicht sklavisch, sondern mit einem neuen freien Geist.

Wo Menschen eifersüchtig aufeinander sind, wird es schwierig, in Frieden zusammenzuleben. Das gilt nicht nur, wenn es um Religion geht. In der Politik ist es noch viel gefährlicher, wie wir gerade in der Ukraine sehen. Deshalb Achtung: Eifersucht vergiftet das Herz.

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[1] Apostelgeschichte 13,43b-45

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