SWR2 Wort zum Tag

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14MAI2022
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Die Oma meines Mannes ist gestorben. Mit 92 Jahren konnte sie nicht mehr. Sie hat dann selbst entschieden, dass es nicht mehr geht und ist nach einer Woche im Bett gestorben. Oma durfte gehen, aber schwer ist es immer. Und Omas sind besondere Frauen - auch für mich als „Schwieger-Enkelin“.
Ich habe die Beerdigungsfeier geleitet. Und weil ich dann vorne in der Kirche war und mein Mann den Sarg mittragen wollte, haben wir uns vorher Gedanken gemacht, wo wohl unsere Kinder mitlaufen, wenn wir zum Grab gehen. Typische Erwachsenendenke. Als es dann soweit war, ist unsere Tochter ganz natürlich zu mir nach vorne gekommen und hat mir meine Mappe getragen. Und unser Sohn hat wie selbstverständlich mit den großen Enkeln angepackt und den Sarg geschoben.

Das waren ganz besondere Momente für uns, für die ganze Familie. In dieser schwierigen und traurigen Situation haben alle mit angepackt. Jede und jeder am eigenen Platz. Es war sehr beeindruckend, wie der kleine Sechsjährige mit den großen starken traurigen Männern den Sarg schiebt. Und wie die Siebenjährige vorne vor dem Sarg hergeht und meine Mappe hält.
Alle hatten rund um die Feier ihren Platz: Anzeige schreiben, Fürbitten sprechen, Kuchen backen und Essen organisieren, Verwandte und Freunde informieren und einladen, dabei sein, mitbeten und mitgehen, Herzen für die Enkel- und Urenkel basteln, von Oma und ihrem Leben erzählen. Alle haben dazu beigetragen, dass wir Oma gut verabschieden und zum Grab bringen konnten.

Es gab keine Berührungsängste, das hat mir besonders gefallen. Gerade die Kinder sind ganz natürlich mit dem Tod der Ur-Oma umgegangen und waren selbstverständlich dabei.
Für mich und uns ist ganz wichtig, Kinder beim Thema Tod nicht außen vor zu lassen. Die können das meistens viel besser als wir, weil sie unbefangen sind. Ich hab von den Kindern wieder mal gelernt, dass das Gespür zählt. Das, worüber wir uns im Vorfeld den Kopf zerbrochen hatten, war völlig unnötig. Sie haben uns ganz einfach gezeigt, worauf es ankommt: Den schweren Weg zusammen gehen. Jung und alt, jeder an seinem und ihrem Platz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35359
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