Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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30APR2022
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„Wenn es Gott wirklich gibt, warum lässt er Kriege zu?“ hat mich einer gefragt. Und er hat die Frage auch gleich selbst beantwortet:

„Wenn es Gott wirklich gäbe - den Schöpfer des Himmels und der Erde - dann wäre er auch mächtig genug, den Kriegstreibern in den Arm zu fallen und sie am Morden und Zerstören zu hindern. Also: entweder gibt es ihn nicht, oder es interessiert ihn nicht. Es ist also im Grunde genommen egal.“

Es klang bitter. So, als ob er es mal anders geglaubt hätte, und enttäuscht worden ist. Und ich versteh das gut. Denn wie oft würde ich auch gerne laut aufschreien und fordern: „Herr, siehst Du denn nicht, was los ist bei uns? Jetzt tu doch endlich was und greif ein!“ Und ich wünschte, dass Gott mächtig dazwischenfährt und den Herren Diktatoren zeigt, wer der wahre Herr im Hause ist.

Aber ein Blick aufs Kreuz genügt, und ich lasse meine Fäuste wieder sinken. Es sind Worte der Verzweiflung, die mich innehalten lassen: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das sagt Jesus am Kreuz.

Das sind für mich die einen Worte, wenn mir nichts mehr einfällt; die einen Worte, die mich halten, wenn ich mich am liebsten abwenden möchte von diesem Gott, der einfach nichts tut... “Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Es tröstet mich, dass selbst der Sohn Gottes alle Grausamkeit und Sinnlosigkeit der Welt am eigenen Leib erfahren hat. Er weiß, was das bedeutet; wir sind nicht allein damit. Und so sehr ich es mir auch oft anders wünschte: Gott hat uns kein Leben ohne Leid - mitunter grenzenlosem Leid... - versprochen.

Was er versprochen hat: Er ist da: Er ist mit in der Finsternis; er ist da, wo Menschen verzweifelt sind und hoffnungslos. Auch da noch, wo wir nichts mehr davon spüren.

Und am Ende wird er uns die Tränen abwischen. Und es wird kein Schmerz mehr sein. Und der Tod wird nicht mehr sein, sondern ewiges Leben in seinem Reich, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Und diese letzte Gewissheit schimmert irgendwie immer hinter meinen Zweifeln hindurch. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35271
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