SWR1 3vor8

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17APR2022
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Wie weiterleben, wenn ein geliebter Mensch stirbt? Der Vater, die Mutter, der Ehepartner, ein Kind. Für die, die zurückbleiben, scheint erst mal die Welt still zu stehen. Ich selbst habe das so erlebt, als mein Vater gestorben ist. Alles um mich herum war plötzlich unwirklich. Das bisherige Leben, mein Alltag, alles erschien weit weg. Und doch läuft das Leben im Hintergrund ja weiter. Und langsam, nach und nach erst, führt der Weg ins Leben zurück.

Was dabei helfen kann, davon erzählt eine der schönsten Ostergeschichten der Bibel. Nach dem Tod Jesu verlassen zwei seiner Freunde den Ort, an dem ihr Freund gestorben ist. Sie machen sich auf den Weg, heißt es in der Bibel. Rausgehen, laufen, den Wind im Gesicht spüren, die Sonne, den Regen. Schritte machen. Das ist ganz wichtig. Sich Schritt für Schritt selbst wieder zu spüren. Unterwegs reden die beiden miteinander, pausenlos. Immer wieder erzählen sie sich, wie sie das Unfassbare erlebt haben. Erinnern sich an ihren Freund, der nun nicht mehr da ist. Versuchen zu begreifen, was geschehen ist, ihr Gefühlschaos zu ordnen. Vielleicht ist das das Wichtigste nach einem schmerzhaften Verlust: Reden, immer wieder drüber reden.

Und dann gesellt sich jemand zu ihnen. Sie kennen ihn nicht. Aber er hört zu, stellt einfühlsame Fragen, hilft ihnen, ihre Gedanken zu sortieren. Seine Gegenwart tut ihnen gut, das spüren sie. Ja, ihr Herz brennt geradezu, als er mit ihnen spricht. Als es schließlich dämmert und er weitergehen will, drängen sie ihn zu bleiben. Miteinander teilen sie das Brot. Und erst da geht ihnen auf: Das war er, ihr geliebter Freund. Und im selben Augenblick, so erzählt die Geschichte, sehen sie ihren Begleiter nicht mehr.

Was klingt wie eine harmlose Erzählung ist mehr. Es ist die Geschichte vom Leben im Angesicht des Todes. Auch meines Lebens. Denn, brannte mir nicht auch das Herz, als ich damals mit anderen über meinen Vater sprechen konnte? Ist er mir nicht heute noch nahe, wenn ich an Orten stehe, die uns beide verbinden? Ein geliebter Mensch ist nicht mehr da. Und doch lebt er, auch wenn ich nicht sagen kann, wie. Aber ich kann es spüren, ganz nah. Das ist Ostern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35252
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