SWR1 Begegnungen

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24APR2022
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Susanne Betz

Das Beste für Kinder

Wolf-Dieter Steinmann trifft Susanne Betz.

Seele stärken – auch mit Religion

„Für unsere Kinder das Beste.“ Wer wollte das nicht. Und es ist doch nicht immer leicht. Susanne Betz ist Studienleiterin in der evangelischen Kirche in Baden für die Kitas. Und findet: Kinder sollen sich selbst und ihre Welt gut „erspielen“ können.

Eine gute Kita ermöglicht Kindern Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und Beteiligung und stärkt damit die Resilienz, also ihre seelische Widerstandskraft und hilft so, Herausforderungen gut bewältigen zu können.

Erziehung stärkt diese Kraft der Seele, wenn Kinder erleben: „Ich kann mich verlassen auf Erwachsene. Ich kann Beziehungen aufbauen. Ich kann überhaupt viel.“ Und hoffentlich erleben sie, dass die Welt und Menschen „gut“ zu ihnen sind. Z.B. Wie bei dieser Begrüßung in der Kita, die jedes Kind erleben sollte.

Diana spürt, dass sie wahrgenommen wird, so wie sie jetzt ist. Frau Mayer macht das aufgrund ihres christlichen Menschenbildes so. Dass wir Menschen uns als Ebenbild Gottes verstehen können, das hat was damit zu tun, wie wir auf uns selber schauen, aber auch wie wir auf andere schauen.

Beten zum Essen oder Lieder können das evangelische Profil erlebbar machen. Wie man gut zur Schöpfung ist. Und wie man das Jahr feiert: Weihnachten, Ostern, St. Martin. Und Susanne Betz erhofft von Erzieherinnen, dass sie hören, wie Kinder fragen.

Theologisieren mit Kindern, über Gott und die Welt im Gespräch sein und das auf Augenhöhe. Wenn Kinder ihre Welt entdecken und sie sich aneignen, dann stellen sie Fragen.

Kinder habe viele Anlagen: zur Bewegung, zur Musik und zur Religiosität. Sie sollten diese Potentiale entwickeln können. Von Anfang an. Darum ihre Bitte an Eltern. Nicht denken: „Religion erst später“.

Wir würden von Kindern nicht erwarten, dass sie sich für ein Instrument entscheiden, und wir haben sie bisher immer von Musik ferngehalten.
Und wenn ich noch nie erlebt habe, dass ich Gott einfach hinlegen kann, was mich gerade bewegt und mir das auch bestimmte Situationen leichter macht; wie soll ich mich dann später entscheiden: „ja ich will jetzt beten.“

Susanne Betz ist überzeugt, dass Religiosität menschlich angelegt ist: Wir staunen, wir haben Angst, wir suchen Sinn und Vertrauen.

Daher werbe ich dafür, Kinder von Anfang an mit Gott groß werden zu lassen, auch weil Religion da eine große Quelle ist, um diese Resilienzfaktoren stärken zu können und mit Gott als verlässlichem Wegbegleiter durchs Leben gehen zu können.

Vielleicht gerade in Zeiten wie jetzt. Was tun, wenn Krieg beunruhigt? Sie rät: Genau hören, was Kinder fragen und was tun gegen die Hilflosigkeit. Vielleicht so etwa:

Eine Kita, die haben in ihrem Schaukasten große Plakate gemacht: „Krieg ist nicht schön“ und „Wir wollen Frieden“ und haben Symbole dafür gefunden. Gott die eigenen Ängste hinlegen und Hoffnungen. Ne Kerze anzünden. Sich beteiligen an einem Hilfstransport.

Man spürt, für Susanne Betz ist eine gute evangelische Kita menschenfreundlich. Und religiös offen.

Viel Herz, Offenheit und religiöse Vielfalt

Susanne Betz begleitet Kinder mit viel Herz und Verstand, seit Jahrzehnten. Sie ist da „reingewachsen“: Kindergottesdienst als Jugendliche, Religions- und Konfirmandenunterricht im Beruf. Und heute ist sie als Studienleiterin mittelbar verantwortlich für 35000 Kinder, die in Baden in evangelische Kitas gehen.

Ich finde das total spannend wie Kinder einen ganz anderen Blick auf die Welt haben. Und dann auch zu sehen, wie die sich entwickeln. In der Kirchengemeinde war das natürlich wunderbar.

Sie konnte Kinder begleiten beim Großwerden. Manche hatte sie als Erstklässler, heute erlebt sie sie als Eltern: Eine Kirchengemeinde bietet weiten Raum für Lebensbegleitung. Für sie ist es sehr o.K., dass Kinder aus verschiedenen Motiven in kirchliche Einrichtungen gebracht werden.

Es gibt Eltern, die nehmen das evangelische Profil in Kauf und es gibt Familien, die sich ganz bewusst entscheiden. Aber z.B. habe ich öfters aus Kitas gehört, dass es muslimische Familien gibt, die ihr Kind lieber in einer evangelischen Kita anmelden, weil sie sich erhoffen, dass Religion ne Rolle spielt und auch eine verbindliche Werteerziehung.

Kein Problem, wenn so unterschiedliche Erwartungen zusammenkommen? Nein, findet Susanne Betz. Denn für sie ist Grundlage des evangelischen Profils, dass wir in religiöser und weltanschaulicher Vielfalt leben. Und dass die auch sichtbar wird.

In einer wertschätzenden Art und Weise diese Vielfalt auch stehen lassen zu können. Aber auch bewusst zu haben: ‚Wie gehen die Feste bei uns, wie gehen die Feste bei Euch? Wer betet wie?‘ Die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede. Und es geht gar nicht um richtig oder falsch, es geht nicht um Wahrheiten. Die sind bei Religionen nicht verhandelbar.

Sie hofft und geht davon aus, dass die Kita auch lebendiger Teil der Kirchengemeinde ist und wird: dass sie selbst offen in die Gemeinde hineinwirkt und von der aber auch als wichtig wahrgenommen wird.

Da geht’s um Begegnung, gemeinsame Aktionen, um gemeinsames Feiern. Und das alles bereichert die Kita. Ich denke, für viele Eltern ist Kita auch, ja, das Gesicht von Kirchengemeinde. Und wenn ne Kirchengemeinde wissen will, wie junge Familien gerade unterwegs sind, dann gucken die umgekehrt auch wieder in die Kita.

‚Wir wollen das Beste für unsere Kinder.‘ Stimmts? Müssten wir dann nicht alle mit der Zunge schnalzen, wenn jemand sagt: „ich bin „Erzieherin“? Bezahlung, Wertschätzung, Personalausstattung: Da ist sehr viel Luft nach oben. Für Susanne Betz ist es ein NoGo, wenn gesagt wird: ‚Die spielen doch bloß.‘ Da hält sie dagegen, im Interesse unserer Kinder.

Dass spielen aber Aneignung von Welt ist und elementar wichtig ist, und dann noch ganz viel drumherum dazu gehört, was die Erzieherinnen leisten, ist nicht immer so im Blick.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35229
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