Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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15APR2022
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Hat Gott die Welt verlassen? Hat er die Kriegsgebiete auf unserem Planeten verlassen? Den Menschen in der Not den Rücken gekehrt? Hat Gott den Mann verlassen, der vom Arzt die Diagnose „Krebs“ bekommt? Oder die Frau, die beim Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist?

„Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das schreit Jesus heraus, als er – völlig unschuldig – am Kreuz hingerichtet wird. Heute, an Karfreitag, erinnern wir Christen daran. Jesus ruft mit Worten aus einem alten biblischen Gebet: Gott, wo bist Du? Wie kannst du das hier zulassen? Warum bist du nicht auf meiner Seite – wo ich doch immer auf deiner Seite gewesen bin?

Heute, an Karfreitag, dreht sich alles um diese Fragen und diese Not. Wir versammeln uns beim Kreuz und fragen genau das: Wie kann Gott das zulassen?

Antworten gibt es viele – und gleichzeitig keine. Einerseits lässt uns der Glaube hoffen, dass Jesus den Tod und das Leiden überwinden wird, dass die Schrecken ein Ende haben werden, dass es Ostern wird und dass das Leben siegt. Andererseits ist der Schmerz über so viel Leid manchmal übermächtig. Es erscheint mir einfach unmöglich, dass das irgendeinen Sinn haben soll. Wie sollte es einen Gott geben, wenn er solche Schrecken zulässt? In solchen Momenten ist Gott - in mir - gestorben.

Heute ist Gott gestorben. An Karfreitag am Kreuz. Und ich spüre in mir die Frage: Wie ist das nur möglich? Dieses Jahr finde ich keine Antwort darauf. Ich spüre sie einfach nicht wenn ich Jeus rufen höre: Mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Ich brauche aber Antworten. Also rufe ich weiter, frage ich weiter: Hast du ich verlassen? Hast du deine Welt verlassen? Ich rufe und gebe die Hoffnung eben doch nicht ganz auf, dass ich irgendwann eine Antwort bekomme.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35227
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