Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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14APR2022
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Ein Mädchen fragt in der Kinderkirche: „Warum sind die Freunde von Jesus denn eingeschlafen? Hatten die keine Angst?“ Ein guter Einwand – zumindest aus der Sicht eines Kindes: Wenn man Angst hat, dann kann man nicht schlafen – dann hat man Angst!“

Die Geschichte, um die es in der Kinderkirche gegangen war, gehört zum heutigen Gründonnerstag. Sie erzählt von Jesus, der tatsächlich große Angst hat. Abends hat er mit seinen engsten Freunden noch das Abendmahl gefeiert. Jetzt verbringt er mit ihnen die Nacht in einem Garten. Und Jesus kann nicht schlafen, denn er weiß: seine Verhaftung steht unmittelbar bevor. Noch in dieser Nacht werden ihn seine Gegner holen, werden ihn quälen und ihm das Leben nehmen. Jesus betet. Und er bittet seine Freunde, mit ihm zu beten, mit ihm wach zu bleiben und gemeinsam diese fürchterlichen Stunden durchzustehen. Aber seine Freunde schlafen ein.

„Wie können die Freunde von Jesus da schlafen?“ Hat das Mädchen aus der Kinderkirche gefragt, „Haben die keine Angst?“ Ein logischer Einwand aus der Sicht eines Kindes. Aber ich vermute, dass sich das ändert, wenn wir erwachsen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass die Freunde von Jesus eingeschlafen sind, gerade weil sie Angst haben. Todesangst, wie Jesus. Dazu die Unsicherheit, was da eigentlich auf sie zukommt, was aus ihnen werden soll – und aus ihrem Freund und Anführer Jesus. Weglaufen können sie nicht. Also flüchten sie sich in den Schlaf: Schlafen, Träumen, von der Umgebung und der Angst einfach nichts mehr mitkriegen.

Die Flucht in den Schlaf – sie erinnert mich an das Gefühl von Hilflosigkeit, dass viele Menschen in den letzten Wochen und Monaten verspürt haben. Von vielen habe ich gehört, dass sie lieber keine Nachrichten mehr hören, die Zeitung zulassen, weil man an den Katastrophen dieser Welt eh nichts ändern kann. Wegschauen, sich wegträumen, von der Angst einfach nichts mehr mitkriegen – anders ist es manchmal kaum auszuhalten.

Jesus hat die Angst aushalten müssen. Er konnte nicht schlafen. Und er hätte die Unterstützung und die Gemeinschaft seiner Freunde dringend gebraucht. Sie hätten Jesus nicht retten können, auch, wenn sie wach geblieben wären. Trotzdem finde ich, hätten sie die Augen vor seiner Not nicht verschließen sollen. Sie hätten ihn nicht alleine lassen sollen in seiner Angst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35226
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