Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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20APR2022
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Was, wenn es schon zu spät ist? Wenn sich die Folgen des Klimawandels nicht mehr aufhalten lassen und das ökologische Gleichgewicht auf unserem Planeten kollabiert?

Ich weiß, wie wichtig es für viele ist, an dieser Stelle im Radio etwas zu hören, das tröstlich ist und Hoffnung schenkt. Andererseits kann ich so ein schwieriges Thema wie den Klimawandel nicht schönreden. Ich kann und will dazu auch nicht schweigen. Denn als Christ fühle ich mich in der Pflicht, mich den Tatsachen zu stellen; besonders dann, wenn diese darauf zurückzuführen sind, dass die Menschheit sich in Schuld verstrickt hat, gegen den Willen Gottes handelt. Unsere Welt ist Gottes Schöpfung. Sie ist uns anvertraut, damit wir sie pflegen. Was aber tun wir? Der Weltklimarat formuliert es in seinem letzten Bericht so: „Es ist zweifelsfrei, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, den Ozean und das Land aufgeheizt hat“. Und weiter: „Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren.[1]“ Der Weltklimarat gilt als „Goldstandard“ der Klimaforschung. Innerhalb der Wissenschaft wird, was er über das Klima, seine Veränderungen und den Umgang damit sagt, als absolut glaubwürdig und fundiert bewertet[2]. Seine Feststellung lautet so kurz wie erschütternd: Der Klimawandel, wie in die Menschheit angestoßen hat, ist bereits unumkehrbar und hat Folgen. Der Meeresspiegel steigt, die Gletscher schmelzen, Hitzewellen, Dürren und Starkregen werden zunehmen. Das wird uns hier betreffen, aber viel mehr noch ärmere Länder, deren Infrastruktur nicht so ausgebaut ist wie die unsere.

Insofern ist es zu spät, ja. Aber gleichzeitig bedeutet das nicht, dass nun vollends alles egal ist. Im Gegenteil: Es kommt auf jeden einzelnen Menschen an. Wie er lebt, wie viel er verbraucht, worauf er zu verzichten bereit ist. Der weltweite Temperaturanstieg lässt sich nicht mehr umkehren, aber noch immer begrenzen. Höchstens zehn Jahre bleiben uns dazu noch, sagt der Weltklimarat. Um so mehr gilt: Solange wir leben, ist es für jeden noch so kleinen Schritt in die richtige Richtung, nie zu spät.

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[1] https://www.focus.de/perspektiven/entwicklung-foerdern-klima-schuetzen/bericht-von-234-experten-aus-66-laendern-klimawandel-bereits-unumkehrbar_id_13570281.html

[2] Stefan Rahmstorf, Hans Joachim Schellnhuber: Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie. Beck, München 2007, S. 88.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35219
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