SWR4 Abendgedanken

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13APR2022
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„Was glauben Sie, wo Ihr Vater jetzt ist?“ Diese Frage stelle ich oft, denn als Seelsorgerin leite ich Beerdigungen. Davor besuche ich die Trauerfamilien und spreche mit ihnen über den oder die Verstorbene. Mich interessiert, dabei, welche Hoffnung die Angehörigen haben. Deswegen frage ich: „Was glauben Sie, wo Ihr Vater jetzt ist?“ Manche sagen dann: „Im Himmel“ oder „bei seiner verstorbenen Frau“. Andere können es nicht so genau sagen, aber sie hoffen auf einen „besseren Ort“.

Dieses Wochenende ist Ostern und für mich als Christin heißt das: Ich feiere das größte Come-Back aller Zeiten. Ein Come-Back, das einfach alles verändert hat. Denn Jesus hat den Tod besiegt. Er ist zurück ins Leben gekommen. Verändert zwar, aber doch derselbe. Seitdem hat der Tod nicht mehr das letzte Wort, sondern: Alle können auferstehen und zwar zu einem neuen und besseren Leben.

Vielleicht ist das schwierig vorstellbar und klingt seltsam. Denn konkret vorstellen kann ich mir die Auferstehung auch nicht. Auch wenn die Bibel mir davon berichtet, wie Maria Magdalena oder die Jünger damals dem auferstandenen Jesus begegnet sind – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie genau das mit der Auferstehung konkret abläuft, liefert mir sie nicht. Schließlich hat auch die Auferstehung von Jesus mitten in der Nacht, im Dunklen und ohne Zeugen stattgefunden.

Trotzdem ist mein Glaube nicht einfach blind, sondern umgekehrt: Dass ich glaube, hilft mir, den Tod und das Leben klarer zu sehen. Das erlebe ich besonders, wenn ich am Grab stehe.

Dann stehen die Angehörigen, Freundinnen oder Nachbarn neben mir. Manche sind so traurig, dass sie sich kaum aufrecht halten können. Andere wirken gefasster. Aber bei ganz vielen ist spürbar, wie lebendig ihre Beziehung zu dem Menschen ist, der gerade ins Grab hinabgesenkt wird. In diesen Momenten ist es mir schon oft so vorgekommen, als könnte ich die Liebe dieser Menschen mit den Händen greifen. So spürbar ist sie.

Und eben diese Liebe hört am Grab nicht auf, sie geht weiter. Sie wird greifbar immer dann, wenn sich die Angehörigen an ihre Verstorbenen erinnern und ganz besonders dann, wenn sie sie vermissen.

Der Tod bedeutet Trennung. Daran lässt sich nichts schönreden. Aber so schmerzhaft der Tod auch ist, die Liebe begräbt er nicht.

Ich weiß, das ist keine Antwort auf die Frage, wie Auferstehung aussieht. Aber vielleicht kann dieses Phänomen der Liebe eine Hoffnungsspur sein. So wie die Liebe nicht im Grab endet, so geht auch das Leben weiter. Liebe feiert immer ein Come-Back. 

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