Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29APR2022
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In der Tora wie auch in der talmudischen Literatur lernen wir viel darüber, wie man mit verlorenen und gefundenen fremden Gegenständen und sogar Tieren, die sich verlaufen haben, umgehen soll. Das Gebot der Tora schreibt im 5. Buch Mose die unbedingte Rückgabe dieser Funde vor.

Eine bekannte Geschichte berichtet über den bedeutenden jüdischen Gelehrten Chanina Ben Dossa, der vor etwa 2 000 Jahren im Heiligen Land lebte. Rabbi Chanina galt als sehr arm. Und so wunderten sich die Nachbarn sehr, als sie aus seinem Anwesen das Blöcken einer Ziege hörten. Woher hatte der arme Rabbi plötzlich eine Ziege? Als er gefragt wurde, gab er bereitwillig Auskunft: Vor längerer Zeit seien vor seinem Haus, aus einer Kutsche, mehrere Küken entkommen. Er hätte sie zu sich genommen und den Eigentümer der Küken gesucht. Jedoch habe er niemanden gefunden, der diese Küken vermisst hätte. Wochen vergingen und aus den kleinen Küken wurden ausgewachsene Hühner. Verständlich, dass die Frau des Rabbi deren Eier bei sich in der Küche verwerten wollte. Aber Chanina ließ das nicht zu. So schlüpften aus diesen Eiern wieder Küken. Nach einer Weile hatte dann die Familie im eigenen Haus kaum noch Platz mehr für sich – vor lauter Hühnern. Da musste der Rabbi ganz einfach handeln. Er verkaufte also ein paar Hühner und besorgte sich vom Erlös eine Ziege. Dies bemerkten seine Nachbarn durch das Blöcken der Ziege. Dann erfuhr der Rabbi, dass jemand vor seinem Haus Küken verloren hätte. Der Rabbi ging dem nach und war sich sicher, dass er es hier mit dem rechtmäßigen Besitzer der damaligen Küken zu tun hat. Also gab er ihm die Ziege, die er sich einst durch den Verkauf von Hühnern zugelegt hatte. So kam es zu einer echten „Wiedergutmachung“ im Sinne der Toragebote - durch die Ziege.

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