Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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04APR2022
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Wieder einmal ein Stau auf der Autobahn. Ärgerlich, vor allem für die LKW-Fahrer, die ja mit ihren Lieferzeiten wirklich in die Bredouille kommen. Genauso passiert es Bahnfahrern, dass sie wegen Verspätungen und verpassten Anschlüssen nicht rechtzeitig ans Ziel und zu ihrem Termin kommen. Beides habe ich natürlich selbst auch schon öfter erlebt.

Ich könnte mich ja wirklich drüber ärgern, jedes Mal. Aber erstens kommt man dadurch nicht schneller ans Ziel. Und zweitens: Es tut nicht gut, wenn man sich durch den Ärger weiter aus dem inneren Gleichgewicht herauskatapultiert. Doch ein dritter Punkt ist für mich entscheidend geworden, dass ich mich bei Staus oder Verspätungen nicht mehr aufrege. Als ich wieder mal einen Anschluss verpasst habe, ist mir aufgegangen: Wenn wir uns darüber ärgern, liegt dem nicht auch ein Denkfehler zugrunde? Wenn wir unbewusst einfach davon ausgehen, dass alles glatt geht, ohne Stau und Verspätung, dann machen wir den Idealfall zum Normalfall - eine folgenschwere Verwechslung. Es wäre ideal, wenn wir immer gut durchkommen - aber die Erfahrung lehrt, dass diese Erwartung unrealistisch ist. Staus und Verspätungen gehören zum Mobilitäts-Alltag einfach dazu, sie sind normal. Also wäre es klug, sie einzukalkulieren. „Es ist, wie es ist“ - und nicht, wie ich es gerne hätte. Wem es gelingt, sich auf die Wirklichkeit einzustellen, dem geht es besser im Leben.

Das merke ich, wenn ich mit dem Auto von Speyer nach Mainz fahre. Das sind nur knapp 100 km. Aber ich fahre immer 1 ½ Stunden vor meinem Termin los, weil ich eben mit Baustellen, Staus und Umleitungen rechne. Deshalb komme ich immer noch rechtzeitig an, wenn es Verzögerungen gibt. Und wenn ich ohne Probleme durchkomme, dann habe ich noch etwas Luft, bevor die Sitzung oder die Rundfunkaufnahme losgeht - und das ist doch wunderbar. Kein Ärger und vielleicht noch ein wenig freie Zeit für einen kleinen Spaziergang oder einen Kaffee - was will ich mehr?!

Wer einen gesunden Realismus pflegt, der geht entspannter durchs Leben. Nicht nur beim Autofahren und Bahnfahren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35154
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