SWR1 3vor8

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03APR2022
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Die große Stärke von biblischen Geschichten ist, dass es in ihnen um typisch menschliche Eigenschaften geht. Und oft um die negativen, die, mit denen sich die Menschheit schon immer das Leben schwer gemacht hat. Sollte man gar nicht meinen: die Hauptpersonen der Bibel müssten doch eigentlich alle „nett“ sein, gut und bescheiden.

Von wegen! Schon im engsten Freundeskreis rund um Jesus ging es um Eitelkeiten, Eifersucht und auch um die Hackordnung. Wer von den zwölf Jüngern kommt gleich nach dem Chef? Wer steht in Jesu Gunst am höchsten?

In vielen evangelischen Gottesdiensten wird heute davon erzählt: Wie zwei der 12 Jünger, die Brüder Jakobus und Johannes, regelrecht gegen die anderen 10 intrigieren. Als gerade kein anderer in der Nähe ist, bitten sie Jesus ganz harmlos: „Meister, wenn deine Weltherrschaft erst einmal begonnen hat - dann mach uns zu deinen Stellvertretern. Gleich nach dir, da sollte unser Platz sein: DU auf dem Thron - aber wir rechts und links gleich neben dir.“

Nicht nur, dass die beiden gar nicht begriffen haben, was für ein „Herrscher der Welt“ Jesus sein will - nämlich einer, der mit den Armen arm ist, mit den Verfolgten verfolgt, und der am Ende selbst ein Opfer von Gewalt und Unrecht werden wird. Nein, sie begreifen nicht einmal, dass sie keinen Deut besser sind, als der Rest der Welt. Sie sind doch jeden Tag dabei, wenn Jesus gegen Machtmissbrauch und Unterdrückung predigt. Und trotzdem haben die Brüder nichts weiter im Kopf als ihre eigene Macht und Wichtigkeit. Und als die anderen zehn Jünger mitbekommen, wie sie ausgebootet werden sollten, ist der Streit nicht mehr aufzuhalten.

Was da zwischen dem Brüderpaar, Jesus und den anderen zehn Jüngern passiert, ist typisch menschlich - damals wie heute. In fast allen Gruppen, Vereinen oder auch Familienverbänden kann es so zugehen, wenn es um die Hackordnung geht. Die Geschichte hält uns den Spiegel vor und was wir zu sehen bekommen, ist zwar typisch menschlich, aber nicht unbedingt angenehm. Mit dem Gerangel um Macht und Eitelkeit machen wir uns schon viel zu lange das Leben schwer. Deshalb beendet Jesus den Streit seiner Jünger. Erinnert sie daran was es heißt, ihm wirklich nachzufolgen. In der Geschichte sagt es Jesus seinen zwölf Freunden in aller Deutlichkeit: „Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll zum Knecht von allen werden.“

Es ist die große Stärke von biblischen Geschichten, dass sie uns Menschen den Spiegel vorhalten. Beim Blick hinein wird spürbar, wie schwer es sein kann, Jesus nachzufolgen.

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