Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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09APR2022
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Letztes Jahr haben mir die Kinder in der Schule einen Adventskalender geschenkt. Damit ich mich jeden Tag mindestens einmal freuen kann. Weil Corona Schultage noch anstrengender sind. Zu dem Zeitpunkt haben wir jeden Tag damit gerechnet, dass die Schulen wieder geschlossen werden. Wir waren alle verunsichert, genervt, ungeduldiger als sonst. Ich hatte offenbar viele Tage nicht einmal gelächelt. So hat das ein Kind seiner Mutter erzählt. Wohl nicht zufällig habe ich im Adventskalender an einem Tag folgende Geschichte gefunden:

„Es war einmal ein Bauer. Der steckte jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer, wenn er während des Tages etwas Schönes erlebt hat, wenn ihm etwas Freude bereitet hat, er einen Glücksmoment empfunden hat – etwas, wofür er dankbar war – nahm er eine Bohne aus der linken Hosentasche und gab sie in die rechte.

Am Anfang kam das nicht häufig vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit einem Nachbarn. Immer dann kam eine Bohne von der linken auf die rechte Seite. Bevor er am Abend zu Bett ging, betrachtete er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Bei jeder Bohne konnte er sich an ein schönes Erlebnis erinnern. Dann schlief er zufrieden und glücklich ein. Auch an den Tagen, an denen er nur eine einzige Bohne in seiner rechten Hosentasche fand.“

Ich habe diese Geschichte aus dem Adventskalender als Hausaufgabe empfunden und sie jeden Tag mit den Kindern gemeinsam gemacht. Zu Schulbeginn am Morgen und nachmittags haben wir uns von den Bohnen erzählt, die in unserer rechten Hosentasche gelandet sind. Den Kindern ist aufgefallen: „Ich habe richtig gut geschlafen und bin schon fröhlich aufgewacht.“ „Mir hat das Morgenrot am Himmel heute so gefallen.“ „Ich bin glücklich, dass wir in den Pausen keinen Streit hatten.“ Ich bin zufrieden, weil ich heute so gut gearbeitet habe.“ Die kleine Geschichte von den Bohnen ist eine tolle Übungsaufgabe. Erst recht in schwierigen Zeiten. Wenn uns schlechte Nachrichten jede Freude rasch verderben können. Sie hilft uns, aufmerksam zu bleiben. Und dankbar zu sein, für alle großen und kleinen Dinge, die jeder Tag für uns bereithält.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35142
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