Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29MRZ2022
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Einfach mal draufhauen. Aber so richtig! Sonntagsabends mache ich das. Nein, keine Sorge. Es kommt niemand dabei zu Schaden. Sonntagabends gehe ich seit ein paar Wochen zum Badminton. Mehr Bewegung, das war der gute Vorsatz fürs neue Jahr. Aber ich habe festgestellt: Der Sport tut mir auch auf andere Weise gut. Der Federball hat nichts dagegen, wenn ich den Ärger der Woche an ihm abreagiere. Den Ärger auf mich selbst, den Ärger über andere. Und auch die Wut auf eine Welt, wo Gewalt Gegengewalt erzeugt und Frieden unmöglich scheint.

Ja, wenn ich eine Weile die Bälle übers Netz geschlagen und meinen Mitspielern auch mal vor die Füße geknallt habe, dann geht es mir wieder besser. Es ist wichtig, seine Gefühle irgendwo rauslassen zu können – gerade auch die negativen.

Sport kann da helfen. Anderes muss man aber auch einfach mal aussprechen oder sogar herausschreien. Wohin damit? Die Bibel meint: zu Gott. Im Buch der Psalmen stehen 150 Gebete. Und manche erinnern an einen Wutschrei von Menschen in der Krise – von Menschen, die leiden, die Grausamkeit erleben, die angefeindet werden. In den Gebeten wird Gott angefleht und auch angeschrien – und manchmal sind auch brutale Verwünschungen der Gegner zu finden. Gott, zerschlag ihnen doch die Zähne im Mund, tobt da einer.

Natürlich ist es nicht gut, anderen einen Schlag ins Gesicht zu wünschen. Aber das behaupten die Psalmen auch nicht. Es sind keine Anleitungen für ein gutes Leben, sondern Gebete. Gebete von Menschen, die verzweifelt sind. Und die einen Weg gefunden haben, ihre Angst und Wut rauszuschreien – ohne selbst gewalttätig zu werden.

Ja, Wut und Aggressionen, auch Wunsch nach Rache, gehören zum Leben dazu. Besonders in schwierigen Zeiten. Deshalb ist es wichtig für das innere Gleichgewicht, einen Ort zu haben, wo man auch solche Gefühle rauslassen kann. Wenn man sie zu lange in sich hineinfrisst, dann ist der innere Frieden dauerhaft in Gefahr – und damit auch der äußere.

Mir hilft es, beim Badminton am Sonntagabend manchmal richtig draufzuhauen. Und zu beten. Manchmal auch mit Worten aus den Psalmen in der Bibel. Bei Gott ist meine Wut gut aufgehoben. Er weiß damit umzugehen.

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