SWR2 Wort zum Tag

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01APR2022
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„Die Priesterweihe für Frauen ist möglich!“– „April, April“ – das ist nur ein Aprilscherz und keine Realität.

Und dennoch – vielleicht haben Sie ja kurz irritiert gezögert, weil die Schlagzeile beim ersten Hören doch nicht ganz so abwegig erscheint. Denn das, womit ich Sie heute Morgen in den April geschickt habe, wünschen sich viele Katholikinnen und Katholiken.

Schon seit einigen Jahren engagieren sich Frauen in der Bewegung Maria 2.0. Sie werben für mehr Mitspracherecht und Teilhabe in der katholischen Kirche und sie wollen aufzeigen, wie veraltet das Frauenbild und die Machtstrukturen  der katholischen Kirche sind.

Auch wenn die Kirche so verkrustet und unbeweglich wirkt, es tut sich doch was, nicht nur in Sachen Frauenweihe.

Zum Beispiel haben sich Ende Januar mehr als hundert nicht-heterosexuelle Angestellte der katholischen Kirche öffentlich geoutet. Sie haben in der Fernsehdokumentation „Out in Church“ ihre persönliche Geschichte und ihre Beziehung zur katholischen Kirche beschrieben. Seitdem läuft eine Petition von Gläubigen, in der Unterschriften gesammelt werden, damit rechtsverbindliche Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht erfolgen. Konkret soll das darauf hinauslaufen, dass keine Angestellten mehr Angst haben müssen, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ihre Arbeit zu verlieren, zum Beispiel weil sie homosexuell sind.

Auch sexueller Missbrauch ist für die katholische Kirche schon lange Thema, und leider auch deren unzureichende Aufarbeitung. In diesem Zusammenhang hat mich das Beispiel einer Gemeinde in Aschaffenburg berührt. Dort haben der Priester und der Gemeinderat im Februar beschlossen, ihre Sonntagsgottesdienste ausfallen zu lassen und stattdessen ihre Kirche für Missbrauchsopfer zu öffnen. Betroffene haben erzählt, wie es ihnen geht, es wurden Kerzen angezündet und gemeinsam geschwiegen.

Mir macht es Mut, dass es Gemeinden wie die in Aschaffenburg gibt, die für sich eine Form des Protests suchen, um sich gegen die verkrusteten Strukturen aufzulehnen. Die etwas Gutes und Versöhnendes tun. Das möchte ich mir immer wieder vor Augen halten: es gibt nicht nur die hohen Würdenträger, die mit ihrer Macht verantwortungslos umgegangen sind, sondern auch diejenigen die sich jeden Tag für die Werte Jesu einsetzen. In den Gemeinden, in den Schulen oder Krankenhäusern. Da sind die kreativen Religionslehrerinnen, die unermüdlich an den Kindern und Jugendlichen dran bleiben oder die Krankenhausseelsorger, die für die Kranken und deren Familien auch dann noch da sind, wenn es schwer wird.

Ich könnte noch viel mehr aufzählen und auch wenn meine Schlagzeile zu Beginn nur ein Aprilscherz war, und vermutlich kein besonders gelungener, so drückt er für mich doch eine Hoffnung aus. Ich hoffe darauf, dass sich die katholische Kirche endlich ihrer Verantwortung stellt und sich für die Zukunft öffnet.

Ich bin hoffnungsvoll, dass die Kirche das schafft. Zusammen mit vielen anderen möchte auch ich dazu beitragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35100
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