SWR4 Abendgedanken

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22MRZ2022
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Viele Diagnosen beim Arzt sind schwer zu ertragen, z.B. wenn es heißt: „Ihnen wird wohl was zurückbleiben. Sie werden sich nie mehr so bewegen können, wie früher.“ Solche Diagnosen wiegen schwer. Schließlich verändern sie mit einem Schlag das ganze Leben. Durch einen Autounfall, an dem man vielleicht nicht mal Schuld gewesen ist. Nach einer größeren OP. Oder, wenn man einfach nur beim Joggen blöd umgeknickt ist. Bin ich jetzt kaputt? Einfach nicht mehr ganz. Zu nichts mehr zu gebrauchen…

Dieses Gefühl muss auch der Apostel Paulus gekannt haben. In der Bibel steht, dass Paulus viele christliche Gemeinden gegründet hat. Er ist dafür viel gereist und hat auch viele Briefe geschrieben. In ihnen schreibt er davon, dass es ihm manchmal nicht gut gegangen ist. Und er muss irgendeine Krankheit gehabt haben – welche genau weiß ich nicht. Aber sie hat dafür gesorgt, dass er sich immer wieder schwach gefühlt hat. Schwach und nutzlos. Er hat aber auch die Erfahrung gemacht, dass er von Gott Kraft bekommen hat. Paulus schreibt: Gerade in den Schwachen kommt Gottes Kraft voll zur Geltung.

Das klingt wie ein Widerspruch. Gottes Kraft wird in den Schwachen sichtbar. Was ich im Alltag erlebe, sieht anders aus: Wer schwach ist wird aussortiert und nicht weiter groß beachtet. Kein Wunder also, dass einem schwere Diagnosen beim Arzt Angst machen können: Was bin ich noch wert, wenn ich nicht mehr so kann, wie früher?

Aber bei Gott ist das nicht so. Der ist gerade da zu finden, wo es schwach und ärmlich zugeht, und das von Anfang an. Schon in der Weihnachtsgeschichte kommt Gott als schwaches Baby zur Welt. In einem Stall ist Jesus geboren. Bei den ärmsten der Armen. Dann musste er als kleines Baby schon fliehen und sich vor den Mächtigen verstecken. Und auch später – als erwachsenen Mann – hat Jesus auf persönliche Macht verzichtet. Er ist auf der Seite der Schwachen geblieben. Seine Gegner haben das ausgenutzt. Und so konnten sie Jesus am Ende gefangen nehmen und haben ihn ans Kreuz geschlagen.

Die Gegner von Jesus dachten, sie hätten ihn besiegt, weil er schwach war. Sie haben sich geirrt: Gott hat Jesus an Ostern von den Toten auferweckt. Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Ich finde diese Botschaft von Ostern sehr tröstlich denn sie zeigt: Was wir für Schwäche halten, spielt für Gott keine Rolle. Wenn ich nach einer schweren Diagnose nicht mehr so kann wie früher, bin ich als Person trotzdem nicht weniger wert. Gott traut mir trotzdem etwas zu. Und seine Kraft kommt bei mir zur Geltung. Bei Gott ist das kein Widerspruch. Gerade bei den Schwachen kommt Gottes Kraft zur Geltung.

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