Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn einer die Dinge anders sieht als ich – dann bin ich froh, wenn er es mir sagt. Damit ich mir wieder neu Gedanken machen kann, ob das immer noch richtig ist, was ich bisher gedacht und gemacht habe. Natürlich, manchmal ist das auch lästig. Er stellt ja manches in Frage, worauf ich mich bisher verlassen habe. Auf einmal kommt jemand und sagt: dass geht auch anders und sogar besser. Das macht mich unsicher. Warum soll ich mir das anhören, wenn ich bisher doch auch ganz gut durchgekommen bin?
Vor über 2000 Jahren hat sich ein Lehrer namens Paulus getraut, von etwas ganz Neuem zu reden. Auf dem Marktplatz von Athen, da, wo sich die Gelehrten und Gebildeten seiner Zeit trafen. Da, wo sie ihre Statuen und Götterbilder aufgestellt hatten, mit denen sie zeigten, worauf sie sich verlassen haben und was ihnen wichtig und heilig war. Da verwickelt der Paulus sie in Diskussionen über Gott und die Welt ( Apg 17, 16-34). Die Athener hören, dass Gott sich nicht nur den Starken und Erfolgreichen zuwendet und die Schwachen verächtlich links liegen lässt. Paulus erzählt ihnen von Jesus Christus, der wegen dieses Glaubens hingerichtet worden war und doch nicht tot war. Und von den Menschen, die am Ende waren und wieder Hoffnung fanden und Lebensmut, weil sie das glauben konnten.
Manche haben Paulus damals einen Schwätzer genannt. Manche haben ihn ausgelacht. Andere wollten ihn einfach loswerden: lass uns ein andermal weiter reden. Aber offensichtlich ist doch etwas von dem neuen bei den Leuten angekommen und hängen geblieben. Ein Anstoß, der ihr Denken und ihr Glauben verändert hat. Bis heute hat sich der Glaube der Christen über die ganze Welt verbreitet und gibt Menschen Mut und Hoffnung.
Es ist gut, dass immer wieder Leute sich trauen, von dem Neuen zu reden, das sie entdeckt haben. Leute, die mit ihren neuen Gedanken die anderen zum Nachdenken bringen und manchmal dann auch zum Umdenken.
Gewiss, manchmal sind die Ideen versponnen, die vorgeschlagenen Wege abwegig. Manchmal bringt einen das Neue, was man zu hören bekommt, ganz schön durcheinander. Aber ich merke – wenn mich nicht manchmal einer anstößt, ganz neu nachzudenken über das, was mir wichtig und heilig ist, dann wird mein Denken und Glauben starr und unbeweglich. Dann verliere ich den Kontakt zu der Welt um mich herum, die sich dreht und weiter geht. Deshalb lohnt es sich, denen zuzuhören und mit denen zu reden, die das Leben anders sehen. So, wie es die Leute damals in Athen gemacht haben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3507
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