SWR2 Wort zum Tag

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19MRZ2022
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Was wäre mein Traumberuf? Diese Frage stellen sich Jugendliche und junge Erwachsene, wenn sie vor der Entscheidung stehen, welche Ausbildung sie beginnen wollen.

Da spielen Interessen und Begabungen eine wichtige Rolle, und welchen Platz man einmal in der Gesellschaft einnehmen möchte. Und schließlich geht es auch um die Frage, was man in seinem Leben verwirklichen will, welchen Sinn das berufliche Tun haben soll.

Bei jungen Männern stehen derzeit Berufe wie Manager oder Ingenieur, Sportler oder KFZ-Mechaniker hoch im Kurs. Wenn einer katholischer Priester werden will, dann steht er damit ziemlich allein. Und das ist nicht verwunderlich. Denn dieser Beruf erfordert einen hohen persönlichen Einsatz für eine Institution, deren Ansehen zur Zeit massiv beschädigt ist. Ein Traumberuf sieht anders aus.

Trotzdem gibt es junge Männer, die sich auf diesen Beruf vorbereiten. In meiner Nachbargemeinde macht einer von ihnen gerade ein dreimonatiges Praktikum im Rahmen seines Theologiestudiums. Ein sympathischer junger Mann, der zuvor schon ein anderes Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Er hatte gerade seine erste Stelle angetreten - und dann kam es wie ein Blitzschlag. Er selbst sagt: Auf einmal wusste ich, dass ich Priester werden will.“ Natürlich hat dabei eine Rolle gespielt, dass seine Familie christlich geprägt ist.

Aber heutzutage Priester werden? Trotz der Missbrauchsskandale. Freiwillig auf eine intime Beziehung und Familie verzichten? Und das mit der Aussicht auf immer größere Mega-Gemeinden, in denen sich zugleich immer weniger Menschen für die Kirche und ihre Botschaft interessieren. Das finde ich mutig. Zumal der junge Mann durchaus eine kritische Sicht auf die Kirche hat. Er sagt ganz offen, dass er hofft, dass sich die Kirche verändert, ja sogar, dass dieses beschämende und verletzende System in sich zusammenbricht. Damit dann der eigentliche Kern wieder klarer zum Vorschein kommt: Jesus, der die Menschen zu einem Leben in Fülle einlädt. Denn durch ihn erfahren wir, wie sehr Gott uns liebt. Für diesen Jesus und seine Botschaft will er sich mit seinem ganzen Leben einsetzen.

Ist das blauäugig? Verrückt? Oder mutig und visionär?
Ich merke jedenfalls, dass sein Weg mich hoffen lässt, dass die Kirche sich verändern kann. Und ich wünsche ihm, dass sein innerer Ruf ihn dahin führt, wo er selbst Gott erfülltes Leben findet und andere dahin begleiten kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35049
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