Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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08MRZ2022
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Der erste Christ in Europa war – eine Christin. Lydia hieß sie. Die Apostelgeschichte in der Bibel erzählt so von ihr: „Eine Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; sie war eine Gottesfürchtige und der Herr öffnete ihr das Herz, so dass sie den Worten des Paulus aufmerksam lauschte. Als sie und alle, die zu ihrem Haus gehörten, getauft waren, bat sie: Wenn ihr wirklich meint, dass ich zum Glauben an den Herrn gefunden habe, kommt in mein Haus und bleibt da.“ (Apg 16,14-15)

Die erste Christin Europas war also eine Geschäftsfrau, und wenn sie von „meinem Haus“ spricht, dann heißt das wohl: Sie war auch die Vorsteherin ihres Hauses. Es kann gut sein, dass sie deswegen auch die Vorsteherin der ersten Gottesdienste in Europa war. Starke Frauen, die gab es von Anfang an im Christentum. Natürlich auch schon im Judentum, Esther und Judith zum Beispiel, nach ihnen sind ganze biblische Bücher benannt. Starke Frauen gab es auch im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder: Die heilige Hildegard von Bingen zum Beispiel, aus unserer Region, sie hat sich mit den Kirchenoberen angelegt und öffentlich gepredigt. Oder die heilige Teresa von Avila, die einmal sagte: Es gibt keinen Grund „mutige und starke Seelen zu übergehen, nur weil es Frauen sind.“

Leider übersieht meine katholische Kirche die Frauen noch immer. Was für eine Verschwendung von Talenten und Berufungen, denke ich oft! Es gibt ja auch heute so viele Frauen, die in meiner Kirche Gemeinden vorstehen. Sie können den Glauben verkünden. Heute, am Internationalen Frauentag, hoffe ich darauf und ich bete dafür, dass die Frauen in der katholischen Kirche an allen Diensten und Ämtern beteiligt werden. Ich hoffe darauf, dass die Reformen vorankommen, zum Beispiel durch den „Synodalen Weg“, der vor gut vier Wochen wieder in Frankfurt getagt hat. Ohne Frauen wie Lydia damals, die erste Christin Europas, gäbe es die Vergangenheit der Kirche nicht. Und ohne die Frauen gibt es auch keine Zukunft für die katholische Kirche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35006
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