SWR2 Wort zum Tag

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09MRZ2022
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Eben noch war alles gut. Und dann schütte ich mir Kaffee übers Hemd. Ein kleines Missgeschick, aber das reicht: Plötzlich ist alles nur noch mies und schrecklich. Gerade so, als würde die Welt untergehen. Mir hilft, wenn ich dann ein bisschen Abstand zu mir und meiner Untergangsstimmung bekomme. Manchmal kann ich dann nämlich auch ein wenig über mich schmunzeln.

Die Geschichte vom Propheten Jona hilft mir dabei. Der war nämlich auch von ständigen Stimmungsumschwüngen geplagt. Erst wird von Gott gegen seinen Willen losgeschickt, gegen die große Stadt Ninive zu predigen. Jona drohte der großen Stadt: „Wenn ihr euer Leben nicht ändert – ist in vierzig Tagen alles vorbei!“ Seine Botschaft hatte Erfolg. Ninive änderte sich und war gerettet. Und der Held der Geschichte? Anstatt sich zu freuen über den Erfolg seiner Predigt, wurde er richtig sauer. Mehr noch: Er war zu Tode betrübt und seufzte: „Ich möchte lieber tot sein als leben“.

Da ließ Gott Jona zum Trost eine Pflanze wachsen. Die gab Jona Schatten - zu seiner großen Freude. Ende gut, alles gut? Happy End? Die Welt gerettet und auch der Weltretter im Glück?

Nein, so nicht. Die märchenhafte Erzählung hat noch eine besondere Pointe: So leicht nämlich, wie Jona zu trösten ist – so schnell ist er auch wieder zu Tode betrübt. Die Pflanze geht ein, die Sonne brennt ihm auf den Kopf. Und wieder ist nix. Totaler Stimmungsumschwung. Wieder klagt er: „Ich möchte lieber tot sein als leben“.

Ich glaube, mit dieser Geschichte können wir auch über uns und unsere Stimmungsumschwünge schmunzeln: Du bist enttäuscht, die vermeintlich Bösen kommen ungeschoren davon – und dir geht es schlecht.

Du findest dein kleines privates Glück – ein schattiges Plätzchen – aber wenn dir das abhanden kommt, dann geht für dich gleich die Welt unter und dein Leben hat keinen Sinn mehr. 

Ich muss über mich schmunzeln, wenn ich in der Jona-Falle versinke. Und mir vor Augen halte: Jetzt geht es dir auch so. Reg´ Dich nicht auf über ein verkleckertes Hemd oder die Schnecken im Salatbeet!

Freue Dich an dem, was Tag für Tag wächst und gedeiht. Freue Dich mit Anderen, die Gutes erfahren, Bewahrung und Verschonung. Und unterscheide das Große von dem Kleinen, das Wichtige von dem Unwichtigen. Daran erinnert Gott Jona – und mich auch.

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