SWR2 Wort zum Tag

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11MRZ2022
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„Tausende Taufen ungültig!“ Diese Nachricht aus den USA hat vor einigen Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Ein Priester hatte dort bei Taufhandlungen statt „Ich taufe dich“ zum Täufling „Wir taufen dich“ gesagt. Wir statt ich – das hatte schwerwiegende Konsequenzen. Denn wie ein leitender Geistlicher dort mitteilte, seien damit nicht nur die Taufen, sondern zum Beispiel auch die Hochzeiten der früheren Täuflinge ungültig. Wer nicht getauft ist, kann auch nicht kirchlich heiraten, so das Argument. Nun ja, mir scheint das doch etwas übertrieben zu sein. Nicht wir als Gemeinde oder Kirche sind Urheber der Taufe, sondern Gott, er wirkt in ihr. In der Taufe wird ausgedrückt, dass Gott den Menschen beschützt und ihm eine unverletzliche Würde verliehen hat. Es geht also ums große Ganze. Genau deshalb denke ich auch nicht, dass es dabei auf ein einzelnes Wort ankommt und mag es noch so wichtig erscheinen. Natürlich leben Rituale von einer allgemein gültigen Form. Und in einer Institution wie der Kirche kann nicht jeder machen, was er will. Aber Gott, wie er in der Bibel beschrieben wird, interessiert sich für Grundsätzliches. Er zieht mit seinem Volk durch die Geschichte, rettet, führt, streitet und versöhnt sich. Dabei hat er immer das Wohl der Menschen im Blick. Bei Jesus geht es um die großen Fragen des Lebens: Wie ist es mit Tod und Auferstehung? Wie können wir gut zusammenleben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dieser Gott von einer – nebenbei bemerkt völlig unabsichtlichen – Wortverwechslung aufhalten lässt. Oder Gott sich sonderlich von menschlichen Vorschriften oder Formalitäten beeindrucken ließe. Deshalb würde ich mit derartigen „Verstößen“ eher entspannt umgehen.

Und ich finde das eigentlich auch für meinen Alltag hilfreich: Dass ich das große Ganze meines Lebens im Blick behalte und mich nicht im Kleinklein verliere. Dass ich schaue, dass ich grundsätzlich zufrieden bin und mich meinen Mitmenschen gegenüber korrekt verhalte. Dann kann ich auch entspannt mit Fehlern von anderen umgehen. Und auch nicht alles, was ich tue, sage oder verbocke, hat gleich riesige Auswirkungen; vieles lässt sich schnell wieder reparieren oder klarstellen. Natürlich gibt es Abstufungen. Manchmal muss ich auch ganz präzise sein. Manches im Leben ist sehr wichtig. Eine Taufe gehört da für mich unbedingt dazu. Weil sie so eine schöne, lebenszugewandte Bedeutung hat. Aber auch wenn ich bei Wichtigem mal einen Fehler mache, vertraue ich darauf: Gott kann das schon wieder hinbiegen. Er lässt sich durch mich nicht aufhalten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34972
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