Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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12MRZ2022
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Ich habe eine Geschichte gehört, die hat mir echt geholfen, über den ein oder anderen Fehler von mir großzügiger hinweg zu sehen. Sie geht so:

Gott sitzt wieder einmal in seinem Atelier. Mit viel Liebe zum Detail formt er einen Menschen und macht sich Gedanken, was gerade diesen Menschen auszeichnen könnte. Gott ist ganz vertieft in seine Arbeit, da kommt ein Engel dazu. Gott sagt – mehr zu sich selbst –: „Ist er nicht wunderschön geworden?“

Für den Engel sieht der Mensch jedoch aus, wie all die anderen Millionen Menschen, die Gott schon gemacht hat. Und so fragt er etwas abfällig: „Und wofür brauchst Du den?“

Die Geschichte ist bis dahin vielleicht ein wenig platt und sehr menschlich gedacht, aber die Antwort, die Gott gibt, die gefällt mir. Denn Gott sagt: „Brauchen tue ich keinen von ihnen. Aber ist er nicht schön?“

Für mich steckt da drin: Gott möchte uns Menschen. Jeden Einzelnen von uns. Er braucht uns nicht, um Gott zu sein. Aber wir sind da, weil Gott will, dass es uns gibt. In seinen Augen sind wir wunderschön. Ein bisschen wie ein Luxusartikel, der einem gut tut und über den man sich einfach freut.
Nun ja: Nicht immer fühle ich mich wie ein Luxusartikel. Manchmal habe ich den Eindruck ich bin ein Produkt vom Band. Oder gar ein Mängelexemplar. Also schon okay und irgendwie funktional, aber es gibt eben einiges, was „perfekter“ sein könnte. Zu viele Kilos am Bauch und die Haare eher Typ „Standardausgabe“. Und auch innerlich fällt mir manches ein, das ich gerne an mir ändern würde. Zum Beispiel geduldiger mit mir und mit anderen zu sein, wenn mal was nicht so schnell geht, wie ich mir das gewünscht hätte.

In solchen Momenten tut es gut, mich an den Blick Gottes aus der Geschichte zu erinnern und mir klar zu machen: Ich bin schön und genau so, wie ich bin, richtig. Weil Gott mich so will. Und deshalb übe ich mich darin, mich lieben zu lernen. Meine Ungeduld genauso, wie die Haare und jedes Gramm.

An manchen Tagen schaffe ich es dann, mich nicht mit anderen zu vergleichen. Denn wenn ich damit anfange, zieht mich das meist runter. Und an anderen Tagen hilft es, mir selbst einfach mal vor dem Spiegel zu sagen: „Du bist okay. So, wie du bist.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34968
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