Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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02MRZ2022
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Heute ist Aschermittwoch. In katholischen Gottesdiensten wird den Menschen ein Aschenkreuz auf die Stirn gezeichnet. Es soll an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern. „Asche auf unser Haupt“ ist ein Zeichen von Demut.

Es gibt einen Mann, der uns mit der Wissenschaft Ähnliches sagt. Dieser Mann ist Martin John Rees, Baron Rees of Ludlow. Er ist 79 Jahre alt und siebenundzwanzigfacher Ehrendoktor, Professor in Cambridge und Hofastronom der Queen. In früheren Zeiten wäre der Hofastronom auch für Horoskope zuständig gewesen, heute ist es eine Auszeichnung für eine wissenschaftliche Leistung.

Wenn man Martin Rees danach fragt, was die Menschen sind, dann antwortet er: Sie „bestehen aus den Atomen von Sternen wie der Sonne, die vor langer Zeit gestorben sind“. Oder noch drastischer und direkter sagt er der Journalistin, die ihn interviewt: „Sie sind Sternenstaub. Weniger romantisch gesagt: Sie sind nuklearer Abfall.“

Das muss man erst einmal verdauen. Ein wissenschaftlicher Aschermittwoch. Der Mensch als Abfallprodukt. Asche zur Asche, Staub zum Staube. Und es wird nicht dadurch besser, dass die Bibel schon immer auch diese Seite des Menschen gesehen und beschrieben hat: Von Erde sind die Menschen genommen, zu Erde sollen sie wieder werden, heißt es gleich am Anfang der Bibel.

Mit der Selbsterkenntnis, woher wir kommen und aus was wir gemacht sind, wird zugleich das unglaubliche und unglaublich kostbare Geschenk des Lebens groß gemacht. Wie schön und wunderbar, dass etwas existiert und dass es uns gibt. Wie schrecklich wäre es, wenn da nur tote Materie wäre. Wie wunderbar, dass aus nuklearem Abfall der Mensch und die ganze Schöpfung wurden! Damit können wir hoffentlich, wie Martin Rees sagen würde, „unsere Leben interessant gestalten“.

Aschermittwoch und die Fastenzeit geben uns die Gelegenheit, dass wir uns dieser doppelten Botschaft stellen: Wir sind Sternenstaub. Wir sind lebendige Wesen. Wir sind beides. Und einfacher sind wir Menschen nicht zu haben. Es ist und bleibt kompliziert mit uns. Wie anstrengend. Wie schön.

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