Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

23FEB2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Alles blickt gerade nach Russland und zur Ukraine. Der Konflikt zwischen den beiden Ländern könnte eskalieren. Es ist bedrohlich. Und wo auch immer ich gerade hinkomme, spüre ich Verunsicherung: ein ungutes Gefühl, ein Gefühl von Machtlosigkeit und die Frage: Was wird werden?

Mich hat die Verunsicherung ziemlich fest im Griff. Bei anderen großen Themen unserer Zeit, Corona oder den Diskussionen um Heizkosten und Inflation, konnte ich auch mal ganz gut abschalten und abends im Fernsehen einen netten Film ansehen. Bei der Ukraine-Krise gelingt mir das nicht mehr. Dabei wünschte ich, es wäre so einfach wie im Film: Im Film gibt es immer den Bösewicht, der an allem schuld ist. Und es gibt immer die Guten, die ganz selbstlos den Schurken bekämpfen - und am Ende natürlich auch gewinnen. Aber die Ukraine-Krise ist nun mal kein Film. „Die Guten“ gibt es nicht. Selbstlos ist im Ukraine-Konflikt niemand, alle Beteiligten haben eigene Interessen. Und genau so wenig gibt es den Bösewicht. Den Feind, den man besiegen muss.

Ein klein wenig hilft mir diese Erkenntnis aber auch, dass es Gut und Böse im echten Leben nicht so eindeutig gibt. Keine Helden - und keine Feinde. Nur - Menschen. Und als Christin höre ich auf einmal einen Satz aus der Bibel ganz neu: Jesus sagt dort einmal: „Liebet eure Feinde. Tut wohl denen, die euch hassen.“ Meinen Feind lieben - heißt das vielleicht: den Menschen sehen und eben keinen Feind? Einen Menschen, wie mich, und eben keinen Bösewicht wie aus dem Film? Ein klein wenig hilft mir das, auch wenn die Verunsicherung bleibt. Ich gestehe, ich habe Angst vor dem, was kommen könnte. Aber wenn überhaupt etwas helfen kann in der Krise, ist es der Blick auf das Gegenüber als Mensch - und nicht als Feind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34913
weiterlesen...