Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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09FEB2022
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Ich helfe manchmal beim Bäcker auf dem Markt aus. Beim letzten Mal gab es gegen Ende noch recht viele Schokobrötchen. Als ich deshalb eine Frau frage, ob sie zusätzlich noch ein Schokobrötchen möchte, schaut sie mich entsetzt an: „Sehe ich so aus als würde ich Schokolade essen?“ Ich bin irritiert. Ich schaue mir die Frau näher an. Sie sieht ganz normal aus. Ich antworte nichts. Sie geht empört davon.

Diese Szene geht mir nicht aus dem Sinn. Eine richtige Antwort hätte es vermutlich nicht gegeben. Mir schoss nur der Gedanke durch den Kopf: „Essen Sie lieber mal welche, das tut gut.“

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Schokolade in Apotheken als Stärkungsmittel verkauft. Und ich finde, Schokolade ist genau das: ein Stärkungsmittel. Ab und an muss sie sein. Gerne zum Abschluss der Mittagspause als Überleitung in die zweite Arbeitsrunde. Schokolade gibt mir Energie und ich genieße sie.

Eigentlich ist sie damit meinem christlichen Glauben ziemlich ähnlich.

Auch mein Glaube gibt mir Energie. Energie für meine Überzeugungen einzutreten: die Welt – die Schöpfung – muss erhalten und geschützt werden, und ich möchte für andere Menschen Zeit haben, um für sie da zu sein.

Und wie Schokolade schenkt mein Glaube mir Momente zum Genießen: denn es hängt nicht alles allein von mir ab. Und so kann ich mich auch einfach mal hinsetzen und die Aussicht genießen.

Und wenn nun Schokolade und mein Glauben – auf gewisse Weise – Ähnlichkeiten besitzen, finde ich die Frage der Frau „Sehe ich so aus als würde ich Schokolade essen?“ irgendwie wirklich schade.

Es geht doch im Leben auch vor allem darum, Freude zu haben. Und dafür muss ich mich wohlfühlen. Denn, dass ich mich selbst mag, ist die Basis für alles andere – und da bin ich quasi zwingend wieder bei meinem Glauben und der Schokolade.

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