Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

11FEB2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Manche Parallelen sind erschreckend. Wie die zwischen dem Propheten Jona und der Kirche.

Jona bekommt von Gott immer wieder Aufträge, die er weiterzugeben hat. Allerdings sind diese Botschaften nicht immer erfreulich. Er muss darauf hinweisen, wo es ungerecht zugeht, wo Menschen vergessen, dass sie nicht tun und lassen können, was sie wollen. Als Prophet ist es Jonas Pflicht, diese Aufträge Gottes bekannt zu machen und umzusetzen. Aber - und jetzt beginnt die Parallele mit der Kirche heute - aber bei seinem jüngsten Auftrag weigert er sich. Weil er Angst davor hat, eine so schlechte Nachricht zu überbringen. Er hat Angst vor den Konsequenzen und letztlich vor der Wahrheit. Deshalb beschließt er wegzulaufen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, sich wegzuducken vor dem, was unangenehm sein könnte. Er geht ganz woanders hin und hofft, dass weder Gott noch die Menschen ihn dort finden. So verrät Jona seine Berufung - und Gott.

Ich sehe darin eine erschreckende Parallele zu dem, wie die Verantwortlichen der Kirche sich verhalten. Es ist höchste Zeit, dass sie den Mund aufmachen und sagen, was in den eigenen Reihen schlecht und falsch und böse ist. Dort geschehen Dinge, die ein göttliches Strafgericht wahrhaft verdient hätten. Wenn Unmündigen Gewalt angetan wird, wenn Macht missbraucht wird und an so vielen Stellen vergessen wird, wozu es die Kirche überhaupt gibt: um zu versöhnen, wo es Streit gibt; um denen eine neue Perspektive zu zeigen, die am Boden liegen; um die Schwachen zu beschützen. Stattdessen wird geschwiegen und die Wahrheit frisiert. Aus Angst, man könnte seinen Posten verlieren. Es könnte ja Konsequenzen haben, wenn jemand merkt, wie viel Unrat es in den eigenen Reihen gibt. Also wird geschwiegen. Aber die Leute sind nicht dumm, und Gott schon gar nicht. Unrecht kommt immer heraus.

Jona landet auf seiner Flucht im Bauch eines Walfisches. Dort hat er drei Tage lang Zeit, in sich zu gehen, sich daran zu erinnern, was Gott von ihm erwartet. Jona besinnt sich und betet. Er sagt: Vom Herrn kommt die Rettung[1]. Daran muss die Kirche sich erinnern: dass ihr kein anderer Weg offen steht. Dass keine Menschenmacht sie retten kann, sondern nur Gott allein. Dann fällt es bestimmt leichter zu dem zu stehen, was passiert ist und die Wahrheit zu sagen.

 

[1] Jona 2,10b

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34809
weiterlesen...