Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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05FEB2022
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Seit gestern brennt es wieder – das Olympische Feuer im Stadion in Peking. Es ist schon immer ein feierlicher Moment, wenn die Flamme entzündet wird. Die Bilder gehen um die Welt.

Allerdings: Mich so richtig zu freuen, fällt mir diesmal schwer. Die Olympischen Winterspiele ausgerechnet in China – trotz der Menschenrechtsverletzungen und der politischen Unterdrückung, die es dort offensichtlich gibt? Dazu noch in einer der trockensten Regionen der Erde, wo von Natur aus selten Schnee fällt. Die Wintersportwettbewerbe werden dort voraussichtlich weitgehend im Grünen auf Kunstschnee stattfinden. Und das alles weiterhin unter Coronabedingungen.

Es gibt eine Menge Gründe, skeptisch auf die Olympischen Spiele in Peking zu blicken. Und trotzdem möchte ich meine Überzeugung nicht aufgeben, dass Olympia eine großartige Idee ist: Junge Menschen aus der ganzen Welt kommen zusammen. Sie kämpfen nicht nur um Medaillen, sondern leben auch eine Zeit lang zusammen, lernen sich kennen und besser verstehen – über Nationalitäten, Kulturen und Religionsgrenzen hinweg. Ende des 19. Jahrhunderts hat der Franzose Pierre de Coubertin die Olympischen Spiele der Neuzeit begründet. Und er meinte: Die Jugend der Welt sollte sich lieber in sportlichen Wettkämpfen messen als sich auf dem Schlachtfeld zu bekriegen. Auch diese Idee ist heute leider noch nicht veraltet.

Deshalb bleibt das Olympische Feuer für mich trotz allem ein mutmachendes Symbol. Ein Zeichen für den Wunsch nach Frieden. In der Antike wurde während der Spiele in Griechenland wohl tatsächlich eine Waffenruhe eingehalten.

In der aktuellen Situation hat das Feuer vielleicht auch noch eine zweite Bedeutung. Licht schafft auch Klarheit. Es wäre gut, wenn die Olympische Flamme die Sportlerinnen und Sportler und auch uns als Zuschauer daran erinnern würde: Es ist wichtig, genau hinzusehen, was geschieht – in der Welt und im Sport. Und nicht einfach hinzunehmen, wenn es da finster aussieht.

Und ja, den einen oder andere Wettkampf will ich mir trotz allem anschauen – und mit den Athletinnen und Athleten mitfiebern. Und hoffen, dass sie von den Spielen das mitbringen, wofür Olympia eigentlich steht: Die Idee von Frieden und Verständigung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34755
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