SWR2 Wort zum Tag

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19JAN2022
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Meine Tochter macht sich oft Sorgen wegen des Klimawandels. Sie fragt: Wie können wir leben, ohne die Umwelt zu zerstören? Wie gern würde ich ihr da meine verstorbene Oma Edeltraut vorstellen. Sie wäre ein geniales Vorbild, wenn es darum geht, die Umwelt zu schützen.

Edeltraut ist mit vier Geschwistern aufgewachsen. Damals haben natürlich nicht alle Kinder ein eigenes Zimmer gehabt. Familien hatten viel weniger Wohnraum zur Verfügung. Weil alles im zweiten Weltkrieg verloren war, musste Edeltraut als junge Frau harte Jahre überstehen. Kaum Essen und Feuerholz war Mangelware. Edeltraut hat bei Bauern ausgeholfen, um sich etwas Brot zu verdienen. Damals ging es nur ums Überleben.

Später hat meine Oma geheiratet und mit ihrem Mann in der gemeinsamen Gärtnerei gearbeitet. Sie musste nie wieder hungern. Aber sie ist bescheiden geblieben. Ein kurzer Urlaub in Italien war der größte Luxus, den sie sich geleistet hat. Einen Führerschein hat sie nie gemacht. Als mein Opa gestorben ist, musste sie für jeden Arztbesuch lange mit dem Bus fahren. Obst und Gemüse konnte sie selbst verarbeiten und für den Winter konservieren. Im Keller standen immer viele eingeweckte Früchte.

Heute denken viele darüber nach, wie sie Ressourcen schonen und CO2 sparen können. Es könnte sich lohnen, hier öfter bei Menschen nachzufragen, die bereits 70 oder 80 Jahre alt sind. Wenn ich mit älteren Menschen spreche, können sie mir immer Beispiele dafür nennen, wie klug früher mit vielen Dingen umgegangen wurde. Lebensmittel haltbar machen, Kleidung flicken und vieles mehr.

Meiner Tochter versuche ich weiterzugeben, was ich von meiner Oma gelernt habe. Dazu gehört für mich, dass sie versteht, wie wertvoll Lebensmittel sind, wie viel Arbeit in einem Stück Brot steckt. Bin ich dankbar für mein Essen oder lasse ich den Teller halbvoll stehen? Oft sind es kleine Dinge, die ich bei meiner Oma gelernt habe. Zum Beispiel meine Schuhe im Winter gut zu pflegen. Und überhaupt: mit meinen Sachen sorgsam umgehen. Um diese Haltung geht es mir. Das will ich meiner Tochter vorleben.

Früher steckten die Leute in ganz anderen Zwängen als heute. Sie konnten sich ihren Lebensstil nicht aussuchen, sondern die meisten waren froh, wenn es genug zu essen gab. Heute haben meine Tochter und andere junge Menschen mehr Möglichkeiten. Sie können häufiger selbst entscheiden, wie sie leben wollen. Ich erzähle deshalb gern von meiner Oma. Weil ich sicher bin: Sie können von früheren Generationen viel lernen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34657
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