Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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01JAN2022
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Dag Hammarskjöld, der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat einmal einen Satz gesagt, dem ich immer wieder zustimmen kann. Er passt wunderbar an den Beginn des neuen Jahres. Der Satz heißt: „Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja!" Das klingt optimistisch! Dabei hatte es Hammarskjöld während seiner Amtszeit in den 60er Jahren nicht leicht. Es war die Zeit des Kalten Krieges. Und doch hat der schwedische Friedens-Nobelpreisträger diesen Satz immer wieder in seinen Aufzeichnungen notiert – gerade auch zum Jahreswechsel.

Dem Vergangenen Dank? Das finde ich gar nicht so einfach nach diesem Jahr. Da gibt es eine ganze Menge Bilder, die sich in mir eingegraben haben: die überfüllten Intensivstationen der Krankenhäuser, Menschen an Grenzzäunen zu Europa, die Wasserfluten im Ahrtal. Und auch wer um seinen Job kämpfen musste, krank geworden ist oder einen lieben Menschen verloren hat, wird jetzt sicher zögern. Das Schwere prägt sich gern tiefer ein als das Leichte. Aber: es ist auch da. Und es lohnt sich, es immer wieder genau zu betrachten.

In den Trümmern im Ahrtal hat ein erschöpfter Mann im Kampf gegen die Schlammmassen etwas aufblitzen sehen. Er hat im stinkenden Graubraun etwas so Wertvolles gefunden: seinen Ehering. Dieses kleine Wunder hat ihn unsagbar glücklich und dankbar gemacht. Und überhaupt stand den Flutwellen eine ganz andere Welle gegenüber: selten hat es eine solche Woge der Hilfsbereitschaft gegeben.

Dem Vergangenen Dank! Ja – das ist möglich, auch wenn ich manchmal schon sehr genau hinschauen muss. Aber mit dieser Erfahrung im Gepäck ist vielleicht auch die Kraft da, zu allem Kommenden „Ja“ zu sagen. Ob es klappt, weiß ich noch nicht. Aber ich möchte es versuchen und die stärkenden Momente vom Schweren nicht zudecken lassen. Was mir dabei hilft, ist mein Glaube an Gott, der sagt: ich bin da. Immer. Egal, was kommen wird.

Ein Gebet des Priesters Paul Weismantel bringt dieses Versprechen Gottes ganz wunderbar ins Wort:

In das Dunkel deiner Vergangenheit und in das Ungewisse deiner Zukunft,
in den Segen deines Helfens und in das Elend deiner Ohnmacht

lege ich meine Zusage: Ich bin da.

In die Lichtblicke deiner Hoffnung und in die Schatten deiner Angst

in das Sehnen deiner Seele und in die Fragen deines Lebens

lege ich meine Zusage: Ich bin da.

Ich wünsche Ihnen und allen, die ihnen am Herzen liegen, ein zuversichtliches und gesegnetes neues Jahr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34532
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