Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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29DEZ2021
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Eine seltsame Krippendarstellung hat mich in den Bann gezogen: Eigentlich ganz klassisch: Maria und Josef, Ochs und Esel und das Kind in der Krippe. Doch anders als sonst ruht Maria auf einem Kissen und Josef ist vornübergebeugt an seinen Stock gelehnt eingeschlafen. Es macht den Eindruck, als seien beide total übermüdet.

Gesehen habe ich diese Krippe in Fontenay, einem ehemaligen Kloster im französischen Burgund. Das Bild von der Krippe ist als Relief in Stein gehauen und auch wenn man nicht jeden Gesichtszug klar erkennen kann, sieht man gut: Weihnachten kann ganz schön anstrengend sein. Damals wie heute. Damals, weil Maria und Josef nach ihrem tagelangen Fußmarsch nach Bethlehem und der Geburt im Stall wohl richtig erschöpft waren. Und auch heute sind die Weihnachtstage für viele von uns anstrengend.

Auf dem Steinrelief schlafen Maria und Josef, aber Ochs und Esel sind hellwach. Es sieht sogar fast so aus, als ob sie das Jesuskind liebevoll anknabbern. Man könnte sagen, sie suchen auf ihre Weise die Nähe zu Jesus.

In einer Bibelstelle aus dem Buch Jesaja heißt es: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“ (Jes 1,3) Vielleicht hat der Künstler genau das ausdrücken wollen: Ochs und Esel haben erkannt, dass Jesus für sie wichtig ist und er ihnen „Futter gibt“. Also das gibt, was ihnen Kraft gibt, und was sie zum Leben brauchen.

Was ist mir wichtig? Was ist Futter für meine Seele?

Jetzt, am Übergang vom alten ins neue Jahr nutze ich gern die Zeit, auf das Jahr zurückzuschauen. Das ist weniger ein klassischer Jahresrückblick wie es gerade viele gibt, sondern eine Suche nach dem, was mich dieses Jahr satt gemacht hat.

Zum Beispiel gute Worte, die mich aufgebaut haben als ich an mir selbst gezweifelt habe. Ein Buch, das mich inspiriert und nachdenklich gemacht hat. Musik, bei der ich abschalten konnte. Und dann vor allem die Zeiten, in denen ich mit anderen zusammen sein konnte. Das hat gut getan. Besonders nach dem letzten Winter, in dem man sich ja kaum mit anderen treffen konnte.

Nahrung für meine Seele ist auch mein Glaube. Weil er mich ahnen lässt, dass es mehr gibt als das, was ich sehen kann. (Und weil ich darauf vertraue, dass Gott bei mir ist, auch wenn ich seine Nähe nicht immer spüre.)

Die Krippe aus Burgund: sie lässt mich nachdenken, worauf es mir im nächsten Jahr ankommt und was mich innerlich satt macht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34530
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