Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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31DEZ2021
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Das jüdische Gebet beginnt mit Kawana. Das heißt mit Hingabe zu beten, um dadurch dem Gebet seine Geltung zu geben. Kawana heißt vom Herzen zu beten, anstatt ausschließlich auf geistiger Ebene.

Dieser eine Begriff umfasst unsere ganze innere Haltung um bewusst in der Gegenwart G-ttes zu leben. Der Rambam (1138-1204), der größte jüdische Philosoph des Mittelalters leitet die Verpflichtung des Betens selbstverständlich von der Tora ab. Die Verrichtung der Gebete ist eine religiöse Pflichterfüllung. Im zweiten Mosebuch (2.B.M. 23:15) lesen wir: „Dem Ewigen, eurem G-tt sollt ihr dienen…“ Der Rambam legt den Vers so aus, dass das „Dienen“ dem „Beten“ gleichkommt, da ferner in der Tora zu lesen ist: „Wenn ihr den Ewigen…mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele dienet.“ (5.B.M. 11:13) Die g-ttliche Gnade des Schöpfers, der ständig über uns waltet und all unser Flehen erhört, verbirgt die Verpflichtung, Ihm mit Kawana, mit Hingabe zu dienen. Somit ist das mit voller Motivation gesprochene Gebet eine Antwort der Liebe, auf die Liebe und Gnade des Schöpfers. Mit der besonderen Betonung des Motiviert Seins wollen die Gelehrten verhindern, dass aus dem Gebet eine leere, inhaltslose Pflichtübung wird. „Wer betet, richte sein Herz 'gen Himmel“, also 'gen G-tt. Unser jüdischer Weg zum inneren Bewusstsein beginnt mit Kawana. Unser meditatives Leben kann ohne Kawana nicht vollständig, nicht vollkommen sein, denn sie ist wie das Lenkrad aller inneren Bewusstseinsarbeit. Letztlich aber wollen wir diejenigen sein, die sich durch Kawana verändern und erneuern, nicht nur am letzten Tag des Jahres.

Für die meisten Zuhörerinnen und Zuhörer beginnt ihr Neues Jahr mit neuen Vorsätzen.  Dabei ist das wahre Ziel des Menschen, das zu sein, was er tut.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34525
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