Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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17DEZ2021
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Die richtigen Fragen stellen – das ist gar nicht so einfach. Das weiß auch Anna, das kleine Mädchen aus dem Buch mit dem Titel: „Hallo Mr. Gott, hier spricht Anna.“ Anna ist neun Jahre alt und quicklebendig. Sie spricht gerne mit Gott und wendet sich mit all ihren Anliegen direkt an ihn. So betet sie eines Abends ganz intensiv: „Bitte Mr. Gott, bitte, hilf mir zu lernen, wie man richtig fragt, damit ich nicht so dumm bleibe.“ Anna ist sich bewusst, dass es gar nicht so einfach ist, die richtigen Fragen zu finden. Ihr liebster Gesprächspartner, Mr. Gott, soll ihr dabei helfen. Sie möchte im Leben so viel lernen und allem um sie herum auf die Spur kommen. Anna kann sich unglaublich begeistern und stellt ihrem großen Ziehbruder Fynn unaufhörlich Fragen. Mich inspiriert dieser Enthusiasmus von Anna und ich überlege, was meine großen Fragen sind. Im Moment höre ich um mich herum wegen der Pandemie Fragen wie: „Wie geht es weiter? Werde ich krank werden? Werde ich meine Arbeit behalten können?“ Oft ertappe ich mich selbst dabei, dass ich zu ungeduldig bin und gerne jetzt schon alle Antworten auf meine Fragen hätte. Aber manche Fragen lassen sich nicht beantworten, manche nie und manche auch auf längere Sicht nicht. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass es tatsächlich auch den richtigen Zeitpunkt braucht, damit sich manche Dinge und Situationen klären können. Da kann ich selten was erzwingen oder beschleunigen. Es gibt einen schönen Text des Dichters Rainer Maria Rilke.  In liebevollen Briefen an einen jungen Dichter macht er darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, die Fragen an sich ernst zu nehmen. Vielleicht gibt Ihnen diese Adventszeit auch Räume, in denen Sie Ihren Fragen auf die Spur kommen können. Als Ermutigung dazu hier nun ein paar Zeilen von Rainer Maria Rilke. Er schreibt: „(...) ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben (...) Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34453
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