SWR2 Wort zum Tag

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03DEZ2021
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Ämilie Juliane von Schwarzberg-Rudolstadt – was für ein poetischer Name, fast wie aus einem Märchen! Doch die Dame hat wirklich gelebt, vor 350 Jahren. Heute ist ihr Namenstag, und sie hat Liedzeilen gedichtet, die mich auch heute noch berühren: „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte - bis hierher hat er Tag und Nacht bewahrt Herz und Gemüte.“

Ganz beschwingt summe ich diese Zeilen. Zugleich zögere ich: War mein Leben immer voller Güte? Wo ist da Platz für Brüche? Hat Ämilie vielleicht ein so märchenhaft-adliges Leben geführt, dass sie nie mit Not in Berührung gekommen ist?

Ich habe mich kundig gemacht und erfahren, dass sie alles andere als ein leichtes Leben hatte. Sie wurde in die Wirren des Dreißigjährigen Krieges hinein geboren. Ihr Vater starb, als Ämilie vier Jahre alt war. Dieses große Unglück hat sich später allerdings als großes Glück erwiesen. Denn sie ist bei adligen Pflegeeltern aufgewachsen, die ihr die beste Bildung haben zukommen lassen. So wurde sie die produktivste Liederdichterin des 17. Jahrhunderts.

Zweierlei ist ihr dabei wichtig gewesen. Sie hat ihr Leben und ihre geistlichen Texte eng miteinander verbunden, bis in den Alltag hinein. Das zeigt zum Beispiel folgende Notiz von ihr: „Um Jesu willen – nehmt Zucker, wenn Ihr trockenes Obst macht“. Und: Ämilie hat auch später in ihrem Leben noch schwere Zeiten erlebt. Ihre Tochter ist kurz nach der Geburt gestorben, und sie selbst hat schwer an der Gicht gelitten. Doch immer hat sie sich vertrauensvoll an Gott gewendet, in der Zuversicht, dass Gott auch im Leid mit ihr verbunden ist.

Von daher höre ich ihre Liedstrophe nochmal ganz anders: nicht mal eben so dahin gedichtet. Sondern als die schmerzhaft errungene geistliche Einsicht einer lebenserfahrenen Frau. „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte – bis hierher hat er Tag und Nacht bewahrt Herz und Gemüte.“ Ich höre aus diesen Zeilen heraus: Gott hat nicht immer meine Gesundheit bewahrt. Ich musste sogar am Grab meines Kindes stehen. Aber Gott hat mein Herz bewahrt, weil er dafür sorgt, dass ich mich weiterhin mit ihm verbunden fühle.

Und ich denke mir: Egal, was der Tag heute noch bringt – heute Abend werde ich dieses Lied vor mich hin summen und dabei an seine Schöpferin mit dem schönen Namen denken: Ämilie Juliane von Schwarzberg-Rudolstadt.

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